Seite 254 - Der gro

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Der große Kampf
und wenn es ihm verboten wurde, in einer Stadt zu drucken, ging er
in eine andere. Schließlich kam er nach Worms, wo Luther wenige
Jahre zuvor das Evangelium vor dem Reichstag verteidigt hatte. In
jener alten Stadt lebten viele Freunde der Reformation, und Tyndale
setzte dort sein Werk ohne weitere Behinderungen fort. Dreitausend
Exemplare des Neuen Testaments waren bald fertig, und eine neue
Auflage folgte noch im selben Jahre.
Mit großem Eifer und unermüdlicher Ausdauer führte er seine
Arbeit fort. Obwohl die englischen Behörden ihre Häfen mit größter
Wachsamkeit hüteten, gelangte das Wort Gottes auf verschiedene
Weise heimlich nach London. Von dort aus wurde es über das ganze
Land verbreitet. Die Päpstlichen suchten die Wahrheit zu unter-
drücken, aber vergebens. Der Bischof von Durham kaufte einmal
von einem Buchhändler, der ein Freund Tyndales war, seinen gan-
zen Vorrat an Bibeln auf, um sie zu vernichten, in der Meinung,
daß dadurch das Werk gehindert würde. Doch mit dem auf diese
Weise gewonnenen Geld wurde das Material zu einer neuen und
verbesserten Auflage gekauft, die sonst nicht hätte erscheinen kön-
nen. Als Tyndale später gefangengesetzt wurde, bot man ihm die
Freiheit unter der Bedingung an, daß er die Namen derer angäbe, die
ihm geholfen hatten, die Ausgaben für den Druck seiner Bibeln zu
bestreiten. Er antwortete, daß der Bischof von Durham mehr getan
habe als sonst jemand; denn da dieser für die vorrätigen Bücher
einen hohen Preis bezahlt habe, sei er, Tyndale, in die Lage versetzt
worden, guten Mutes weiterzuarbeiten.
Tyndale wurde seinen Feinden in die Hände gespielt und mußte
viele Monate im Kerker zubringen. Schließlich bezeugte er sei-
nen Glauben mit dem Märtyrertod; doch die von ihm zubereiteten
Waffen haben andere Streiter befähigt, den Kampf durch alle Jahr-
hunderte hindurch bis in unsere Zeit weiterzuführen.
Latimer verfocht von der Kanzel herab die Auffassung, daß die
Bibel in der Sprache des Volkes gelesen werden müsse. „Der Urhe-
ber der Heiligen Schrift“, sagte er, „ist Gott selbst, und diese Schrift
hat einen Anteil an der Macht und Ewigkeit ihres Urhebers. Es gibt
weder Könige, Kaiser, Obrigkeiten noch Herrscher, ... die nicht ge-
bunden wären, ... seinem heiligen Wort zu gehorchen ... Laßt uns
keine Nebenwege einschlagen, sondern laßt das Wort Gottes uns
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