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Der große Kampf
Bedenken. Als Fälschung wurde die Sammlung zum erstenmal in
den Magdeburger Zenturien des Matthias Flacius 1559 aufgedeckt
(erste protestantische Kirchengeschichte). Den umfassenden Nach-
weis der Unechtheit hat gegenüber dem Jesuiten Franz Torres der
reformierte Theologe David Blondel 1628 erbracht.“ (Der Große
Brockhaus, Bd. XV, 198.)
Isidor Mercator nahm als Grundlage seiner Fälschung eine
Sammlung von gültigen Kanons, die Hispana Gallica Augustodu-
nensis. Auf diese Weise schmälerte er die Gefahr der Aufdeckung,
da Gesetzessammlungen gewöhnlich durch Hinzufügen neuer Ge-
setze zu den alten entstanden. Indem er seine Fälschung mit echtem
Material verband, wurde sie als Fälschung weniger offenkundig. Die
Unechtheit des pseudoisidorischen Machwerkes wird nun unstreitig
zugegeben; denn sie ist durch innere Beweise, durch Untersuchung
der Quellen und benutzten Methoden und durch die Tatsache, daß
dieses Material vor 852 unbekannt war, eindeutig erwiesen. Histo-
riker stimmen darin überein, daß das Jahr 850 oder 851 das wahr-
scheinlichste Datum für die Vollendung der Sammlung ist, da diese
Urkunde zuerst in der Admonitio der Kapitulare von Quiercy um
857 erwähnt wird.
Der Verfasser dieser Fälschung ist nicht bekannt. Vermutlich
rührte sie von der streitbaren neuen Kirchenpartei her, die sich im
9. Jahrhundert in Reims gebildet hatte. Es ist erwiesen, daß Bischof
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Hinkmar von Reims diese Dekretalen bei der Absetzung Rothads
von Soissons benutzte. Dieser wieder brachte sie 864 nach Rom und
legte sie dem Papst Nikolaus I. vor.
Unter denen, die ihre Authentizität anfochten, befanden sich
Nikolaus von Cusa (1401-1464), Charles Du Moulin (1500-1566)
und George Cassender (1513-1564). Der unwiderlegbare Beweis
ihrer Fälschung wurde von dem Theologen David Blondel 1628
erbracht.
Weitere Quellen: Migne, Patrologiae cursus completus, Bd.
CXXX; P. Hinschius, Decretales Pseudo-Isidorianiae et capitula
Angilramni, Leipzig, 1863; I. v. Döllinger, Das Papsttum 35ff., Mün-
chen, 1892, E. Seckel, Pseudoisidorische Dekretalen in Realenzy-
klopädie für protestantische Theologie und Kirche, Bd.XVI, 3. Aufl.,
1905; E. Perels, Eine Denkschrift Hinkmars von Reims im Prozeß
Rothads von Soissons, 1922; Maaßen, Pseudoisidorstudien, 1888;