Seite 132 - Das Leben Jesu (1973)

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Kapitel 15: Auf der Hochzeit zu Kana
Auf der Grundlage von
Johannes 2,1-11
.
Jesus begann seinen Dienst nicht mit großen Worten vor dem
Hohen Rat, sondern bei einer häuslichen Familienfestlichkeit in
einem kleinen galiläischen Dorf, und zwar anläßlich der Hochzeit
zu Kana. Hier offenbarte er seine Macht und bewies dadurch seine
Anteilnahme am menschlichen Erleben. Er wollte dazu beitragen,
das Leben der Menschen froher und glücklicher zu machen. In
der Wüste hatte er selbst den Leidenskelch getrunken; nun kam
er, um den Menschen den Kelch der Segnungen zu vermitteln und
durch seinen Segen auch die verwandtschaftlichen Beziehungen der
Menschen zu heiligen.
Vom Jordan kehrte Jesus nach Galiläa zurück. In Kana, nicht
weit von Nazareth, sollte bei Verwandten seiner Eltern eine Hochzeit
stattfinden. Jesus war mit seinen Jüngern zur Teilnahme am Fest
eingeladen.
Hier traf er nach längerer Trennung seine Mutter wieder. Maria
hatte von den Ereignissen am Jordan anläßlich seiner Taufe gehört.
Berichte waren bis nach Nazareth gedrungen, und diese Nachrichten
hatten aufs neue alle in ihrem Herzen verborgenen Erinnerungen
wachgerufen. Wie das ganze Israel war auch sie tief bewegt von der
Sendung des Täufers. Sie erinnerte sich gut der Verheißungen, die bei
seiner Geburt gegeben worden waren. Jetzt wurden ihre Hoffnungen
abermals belebt durch des Täufers innige Verbindung mit Jesus.
Aber auch von Jesu seltsamem Verschwinden in die Wüste hatte
sie Kunde erhalten, und ihr Herz war daher von beunruhigenden
Ahnungen erfüllt.
Von dem Tage an, da Maria die Ankündigung des Engels in
ihrem Heim zu Nazareth vernommen hatte, war jedes Zeugnis, das
Jesus als Messias auswies, gewissenhaft von ihr bewahrt worden.
Sein reines, selbstloses Leben gab ihr Gewißheit, daß er der von
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Gott Gesandte war. Dennoch wurde sie oft von Zweifeln und Ent-
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