Seite 143 - Das Leben Jesu (1973)

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Kapitel 16: In seinem Tempel
Auf der Grundlage von
Johannes 2,12-22
.
„Danach zog er hinab nach Kapernaum, er, seine Mutter, seine
Brüder und seine Jünger, und blieben nicht lange daselbst. Und
der Juden Ostern war nahe, und Jesus zog hinauf nach Jerusalem.“
Johannes 2,12.13
.
Auf dieser Reise schloß sich Jesus einer der großen Gruppen
an, die sich auf dem Wege nach der Hauptstadt befanden. Er hat-
te von seiner Aufgabe noch nicht öffentlich gesprochen, so daß er
sich unbeachtet unter die Menge mischen konnte. Dabei war das
Kommen des Messias, auf das die Predigt des Täufers in besonderer
Weise die Aufmerksamkeit gelenkt hatte, oft Thema der Unterhal-
tung. Mit großer Begeisterung sprach man von der Hoffnung auf
die kommende nationale Größe. Jesus wußte, daß diese Hoffnung
trügerisch war, denn sie beruhte auf einer falschen Auslegung der
Schrift. Mit tiefem Ernst erklärte er die Weissagungen und versuchte
die Menschen zu einem gründlicheren Erforschen des Wortes Gottes
anzuregen.
Die Lehrer der Juden hatten das Volk unterwiesen, daß es in
Jerusalem lernen würde, wie man Gott anbetet. Dort versammel-
ten sich während der Passahwoche große Scharen aus allen Teilen
des Landes und sogar aus entfernten Gegenden, so daß eine bunte
Volksmenge die Tempelhöfe füllte. Viele konnten das Opfer, das als
Sinnbild des einen großen Opfers dargebracht werden sollte, nicht
mitbringen. Um deren Bequemlichkeit entgegenzukommen, wurden
auch Opfertiere in dem äußeren Vorhof des Tempels gekauft und
verkauft. Hier kamen alle Klassen von Menschen zusammen, um
ihre Opfergaben zu kaufen und alles fremde Geld in die Münze des
Heiligtums umzuwechseln.
Jeder Jude mußte jährlich einen halben Silberling für „die Ver-
söhnung seiner Seele“ zahlen, und der auf diese Weise gesammelte
Betrag diente zum Unterhalt des Tempels. Außerdem wurden große
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