Seite 223 - Das Leben Jesu (1973)

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Kapitel 24: „Ist er nicht des Zimmermanns Sohn?“
Auf der Grundlage von
Lukas 4,16-30
.
Auf den hellen Tagen des Dienstes Christi in Galiläa lag ein
Schatten. Die Bewohner Nazareths wiesen Jesus ab. „Ist er nicht
des Zimmermanns Sohn?“ meinten sie. „Heißt nicht seine Mutter
Maria und seine Brüder Jakobus und Joseph und Simon und Judas?“
Matthäus 13,55
.
In seiner Kindheit und Jugendzeit hatte Jesus gemeinsam mit
seinen Brüdern an den Gottesdiensten in der Synagoge zu Nazareth
teilgenommen. Seit er jedoch seinen Dienst aufgenommen hatte,
war er nicht bei ihnen gewesen. Trotzdem war es ihnen nicht ver-
borgen geblieben, was mit ihm geschehen war. Als er nun wieder
unter ihnen erschien, steigerten sich ihr Interesse und ihre Erwartung
außerordentlich. Hier waren die vertrauten Gestalten und Gesichter
derer, die ihn von klein auf kannten. Hier lebten seine Mutter, seine
Brüder und seine Schwestern, und aller Augen richteten sich auf ihn,
als er am Sabbat die Synagoge betrat und unter den Andächtigen
Platz nahm.
Bei den gewohnten Gottesdiensten verlas der Älteste einen Ab-
schnitt aus den Propheten und ermahnte das Volk, weiter auf den
zu hoffen, der da kommen, ein herrliches Reich gründen und aller
Unterdrückung ein Ende bereiten sollte. Er suchte seine Hörer da-
durch zu ermutigen, daß er die Beweise für das baldige Erscheinen
des Messias wiederholte. Er schilderte die Herrlichkeit seiner An-
kunft und hob besonders den Gedanken hervor, daß der Gesalbte als
Heerführer kommen und Israel befreien werde.
Nahm ein Rabbiner am Gottesdienst in der Synagoge teil, dann
erwartete man, daß er die Andacht hielt. Den Prophetenabschnitt
hingegen durfte jeder Israelit vorlesen. An diesem Sabbat nun wurde
Jesus gebeten, den Gottesdienst zu übernehmen. Er „stand auf und
wollte lesen. Da ward ihm das Buch des Propheten Jesaja gereicht“.
Lukas 4,16.17
. Der von ihm gelesene Schriftabschnitt gehörte zu
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