Seite 270 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
des Himmels annehmen würden. In den ungebildeten Fischern, dem
Zöllner am Markt, der Frau aus Samaria und in dem einfachen Volk,
das ihm freudig zuhörte, fand er seine neuen Gefäße für den neuen
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Wein. Werkzeuge im Dienste der Evangeliumsverkündigung sind
jene Menschen, die mit Freuden das ihnen von Gott gesandte Licht
aufnehmen. Sie sind seine Botschafter, die der Welt die Wahrheit
mitteilen sollen. Wenn die Christusgläubigen durch seine Gnade
neue Gefäße werden, wird er sie mit neuem Wein füllen.
Obwohl die Predigt Christi mit neuem Wein verglichen wurde,
war sie doch keine neue Lehre, sondern nur die Offenbarung dessen,
was von Anfang an verkündigt worden war. Doch für die Pharisäer
hatte Gottes Wahrheit ihre ursprüngliche Bedeutung und Schönheit
verloren. Daher war Christi Lehre für sie in fast jeder Hinsicht neu.
Sie wurde weder anerkannt noch beherzigt.
Jesus verwies auf die Macht falscher Lehre, die imstande ist, die
Wertschätzung der Wahrheit und das Verlangen nach ihr auszutilgen.
„Niemand“, so sagte er, „der vom alten [Wein] trinkt, will neuen;
denn er spricht: Der alte ist milder.“
Lukas 5,39
. Jede Wahrheit,
die der Welt durch die Patriarchen und Propheten gegeben wurde,
erstrahlte in den Worten Christi zu neuer Schönheit. Die Schrift-
gelehrten und Pharisäer hatten jedoch kein Verlangen nach dem
köstlichen neuen Wein. Bevor sie sich nicht der alten Überlieferun-
gen, Gewohnheiten und Bräuche entledigten, war für die Lehren
Christi weder in ihrem Herzen noch in ihrem Verstand Platz. Sie
klammerten sich an tote Formen und wandten sich von der lebendi-
gen Wahrheit und der Kraft Gottes ab.
Dies bewies den Verfall des jüdischen Volkes, und auch in unse-
rer Zeit bestätigt es das Scheitern vieler Menschen. Tausende bege-
hen den gleichen Fehler wie die Pharisäer, die Christi Teilnahme am
Fest des Matthäus mißbilligten. Viele widerstreben der Wahrheit,
die vom Vater des Lichts herabkommt, statt eine liebgewonnene Idee
aufzugeben oder den Götzen ihrer vorgefaßten Meinung zu stürzen.
Sie vertrauen dem eigenen Ich, stützen sich auf ihre eigene Klugheit
und gestehen sich ihre geistliche Armut nicht ein. Sie dringen darauf,
in einer Weise erlöst zu werden, zu der sie durch ein bedeutsames
Werk beitragen können. Wenn sie feststellen, daß sie sich an dem
Heilswirken Jesu nicht beteiligen können, weisen sie die Erlösung
zurück.