Seite 33 - Das Leben Jesu (1973)

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„Als aber die Zeit erfüllet ward ...“
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blickte er auf jene, die verführt oder getötet wurden und verloren-
gingen. Sie hatten sich einen Obersten gewählt, der sie gleichsam
als Gefangene vor seinen Karren spannte. Irregeleitet und betrogen,
bewegten sie sich in einer traurigen Prozession ihrem ewigen Un-
tergang entgegen, dem Tod, in dem keine Lebenshoffnung ist, der
Nacht, die keinen Morgen kennt. Satanisches Wirken vermischte
sich mit menschlichem Tun. Die Leiber menschlicher Wesen, da-
zu geschaffen, daß Gott darin wohnte, wurden zu einer Behausung
der Teufel. Die Sinne, Nerven, Triebe und Organe der Menschen
wurden durch übernatürliche Kräfte angestachelt, der niedrigsten
Begierde zu frönen. Den Angesichtern der Menschen war geradezu
der Stempel der Dämonen aufgeprägt. Sie spiegelten die Legionen
des Bösen wider, von dem sie besessen waren. Solcherart war der
Anblick, der sich dem Erlöser der Welt bot. Welch ein Schauspiel
für den unendlich Reinen, das zu sehen!
Die Sünde war zu einer systematisch betriebenen Kunst gewor-
den, und das Laster wurde als Teil der Religion geheiligt. Die Empö-
rung wider Gott war tief in den Herzen verwurzelt, und die Feindse-
ligkeit der Menschen gegen den Himmel war außerordentlich heftig.
Vor dem ganzen Universum zeigte es sich, daß die menschliche
Natur, von Gott getrennt, sich nicht über das Menschliche empor-
schwingen kann. Ein neues Element der Lebensgestaltung und Kraft
muß erst durch jenen Einen verliehen werden, der die Welt geschaf-
fen hat.
Voller Spannung hatten die nichtgefallenen Welten erwartet, daß
sich der Herr aufmachen und die Bewohner der Erde hinwegraffen
würde. Und wenn Gott dies getan hätte, dann wäre Satan bereit ge-
wesen, seinen Plan auszuführen, um sich die Ergebenheit der himm-
lischen Wesen zu sichern. Er hatte erklärt, daß die Grundsätze der
Herrschaft Gottes eine Vergebung unmöglich machten. Würde Gott
die Welt vernichtet haben, so hätte der Teufel behauptet, daß seine
Anklagen gegen Gott wahr seien. Er lauerte darauf, Gott anzuklagen
und auch andere Welten in die Empörung hineinzuziehen.
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Aber statt die Welt zu vernichten, sandte Gott seinen Sohn, sie zu
retten. Obwohl überall Verderbtheit und Trotz herrschten, wurde ein
Weg der Erlösung der Menschheit vorbereitet. Im entscheidenden
Augenblick, gerade da Satan zu triumphieren schien, brachte der
Sohn Gottes die frohe Botschaft von der göttlichen Gnade. In allen