Seite 353 - Das Leben Jesu (1973)

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„Ruhet ein wenig!“
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ihrer Arbeit hatten sie manche Kampfesprobe bestehen müssen und
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waren verschiedenartigen Widerständen begegnet. Bisher hatten sie
Christus in allen Dingen um Rat gefragt. Doch vorübergehend sich
selbst überlassen, waren sie manchmal beunruhigt, weil sie nicht
wußten, was sie tun sollten. Da hatten sie in ihrer Arbeit viel Er-
mutigung gefunden, denn Christus hatte sie nicht ohne seinen Geist
ausgesandt. Im Vertrauen auf ihn wirkten sie viele Wunder. Doch
jetzt war es notwendig für sie, von dem Brot des Lebens zu essen. Sie
mußten sich an einen Ort der Ruhe begeben, wo sie Gemeinschaft
mit Jesus halten und Anweisungen für ihren zukünftigen Dienst
empfangen konnten.
„Und er sprach zu ihnen: Geht ihr allein an eine einsame Stätte
und ruhet ein wenig.“
Markus 6,30.31
. Christus ist voller Mitgefühl
und Sorge für alle, die in seinem Dienst stehen. Er zeigte hier sei-
nen Jüngern, daß Gott nicht Opfergaben, sondern Barmherzigkeit
verlangt. Sie hatten alle Kräfte im Dienst für das leidende Volk auf-
gebraucht und waren dadurch leiblich und seelisch erschöpft; nun
mußten sie ruhen.
Als die Jünger den Erfolg ihres Wirkens sahen, standen sie in
Gefahr, diesen Erfolg sich selbst zuzuschreiben, geistlichen Stolz
zu nähren und dadurch ein Opfer teuflischer Versuchung zu werden.
Eine gewaltige Aufgabe lag vor ihnen. Vor allem aber mußten sie
lernen, daß sie die Kraft zu ihrer Bewältigung nur bei Gott finden
konnten. Gleich Mose in der Wüste Sinai, gleich David in den Ber-
gen von Judäa, gleich Elia am Bache Krith tat es den Jüngern not,
den Schauplatz ihrer Tätigkeit zu wechseln, mit Jesus und der stillen
Natur Gemeinschaft zu üben und sich auf sich selbst zu besinnen.
Während sich die Apostel auf ihrer Missionsreise befanden, hatte
der Heiland andere Städte und Dörfer besucht und dort das Evange-
lium vom Reich gepredigt. Um diese Zeit hatte er auch die Kunde
vom Tode Johannes des Täufers erhalten, ein Ereignis, das ihm sein
eigenes Schicksal, dem er ja entgegenging, lebhaft vor Augen führte.
Die Schatten auf seinem Weg wurden immer dichter; Priester und
Rabbiner warteten nur auf eine Gelegenheit, um ihn zu töten; Spione
hefteten sich an seine Fersen, und von allen Seiten fand man sich
zusammen, um ihn zu verderben. Die Kunde von der Predigt der
Apostel in ganz Galiläa erreichte auch König Herodes und lenkte
seine Aufmerksamkeit auf Jesus und sein Wirken. „Das ist Johannes
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