Seite 358 - Das Leben Jesu (1973)

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Kapitel 39: „Gebt ihr ihnen zu essen!“
Auf der Grundlage von
Matthäus 14,13-21
;
Markus 6,32-44
;
Lukas
9,10-17
;
Johannes 6,1-13
.
Der Herr Jesus hatte sich mit seinen Jüngern an einen entle-
genen Platz zurückgezogen; aber auch hier wurde die so seltene
Ruhestunde bald gestört. Die Jünger glaubten einen Ort aufgesucht
zu haben, wo sie mit ihrem Meister allein wären; aber sobald die
Menge den göttlichen Lehrer vermißte, fragte sie nach seinem Ver-
bleiben. Einige konnten die Richtung angeben, die Jesus mit seinen
Jüngern eingeschlagen hatte, und so folgte man seinen Spuren, viele
zu Fuß, andere in ihren Booten über den See. Das Passahfest stand
vor der Tür. Von nah und fern sah man Scharen von Pilgern, die
auf dem Wege nach Jerusalem waren, sich versammeln, um Jesus
zu sehen. Immer mehr kamen hinzu, bis es ohne Frauen und Kin-
der fünftausend Menschen waren. Noch ehe der Heiland das Ufer
erreicht hatte, wartete schon eine große Menge auf ihn. Er konnte
jedoch unbemerkt landen und kurze Zeit mit seinen Jüngern allein
verbringen.
Von einem Hügel aus sah er auf die unruhige Menge vor sich;
sein Herz wurde bei ihrem Anblick von tiefem Mitgefühl bewegt.
Gestört und seiner Ruhe beraubt, wurde er darüber nicht ungedul-
dig. Mit der ständig zunehmenden Volksmenge wuchs auch seine
Bereitschaft, ihr zu helfen. „Es jammerte ihn derselben, denn sie
waren wie Schafe, die keinen Hirten haben.“
Markus 6,34
. Er ver-
ließ seinen Zufluchtsort und fand bald einen Platz, wo er dem Volk
am besten dienen konnte. Von den Priestern und Obersten hatten
diese Menschen keine Hilfe erhalten können. Nun aber flossen die
heilenden Wasser des Lebens von Christus, da er der Menge den
Weg der Seligkeit zeigte.
Das Volk hörte andächtig auf die Worte der Barmherzigkeit, die
so bereitwillig von den Lippen des Sohnes Gottes zu ihm kamen.
Es hörte die gnadenreichen Worte, so schlicht und so klar, daß sie
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