Seite 394 - Das Leben Jesu (1973)

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Kapitel 43: Die Schranken werden niedergerissen
Auf der Grundlage von
Matthäus 15,21-28
;
Markus 7,24-30
.
Nach dem Zusammentreffen mit den Pharisäern zog sich Jesus
von Kapernaum zurück, durchquerte Galiläa und kam nach dem
Hügelland an der Grenze von Phönizien. Nach Westen hin sah man
unten in der Ebene die alten Städte Tyrus und Sidon mit ihren heid-
nischen Tempeln, ihren herrlichen Palästen, den großen Märkten
und den vielen Schiffen im Hafen. Hinter dem Küstenstreifen dehnte
sich die blaue Fläche des Mittelländischen Meeres, über dessen Wei-
te hinweg die Apostel das Evangelium in das Herz des Weltreiches
Rom tragen sollten. Aber die Zeit dazu war noch nicht gekommen.
Zunächst galt es, die Jünger für ihren Auftrag recht vorzubereiten.
In dieser Gegend hoffte Jesus die dazu nötige Abgeschiedenheit zu
finden, die er in Bethsaida vergebens gesucht hatte. Doch das war
nicht der einzige Grund seiner Reise.
„Siehe, ein kanaanäisches Weib kam aus jener Gegend und schrie
ihm nach und sprach: Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme dich
mein! Meine Tochter wird von einem bösen Geist übel geplagt.“
Matthäus 15,22
. Die Einwohner dieser Gegend stammten aus dem
alten Geschlecht der Kanaaniter, waren Götzendiener und wurden
von den Juden verachtet und gehaßt. Zu diesen gehörte auch die
Frau, die jetzt zu Jesus kam. Sie war eine Heidin und daher von den
Vorzügen ausgeschlossen, deren sich die Juden täglich erfreuten.
Damals lebten viele Juden unter den Phöniziern, und die Kunde
von Christi Wirken war bis in dieses Gebiet gedrungen. Einige
Leute hatten seinen Worten gelauscht und seine wunderbaren Taten
bezeugt. Diese Frau nun hatte von dem Propheten gehört, er heile —
so wurde berichtet — alle Krankheiten. Die Kunde von der großen
Macht Jesu hatte die Hoffnung im Herzen der Frau geweckt. Sie
entschloß sich, von Mutterliebe getrieben, dem Herrn die Heilung
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ihrer Tochter ans Herz zu legen. Sie wollte ihm ihren Kummer
bringen. Er mußte ihr Kind heilen. Sie hatte bei den heidnischen
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