Seite 459 - Das Leben Jesu (1973)

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Kapitel 51: Das Licht des Lebens
Auf der Grundlage von
Johannes 8,12-59
;
Johannes 9
.
„Da redete Jesus abermals zu ihnen und sprach: Ich bin das
Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der
Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“
Johannes
8,12
.
Als Jesus dies sagte, stand er im Vorhof des Tempels, dem in
Verbindung mit dem Laubhüttenfest besondere Bedeutung zukam.
Mitten im Vorhof ragten zwei stattliche Pfeiler auf, an denen große
Lampen befestigt waren. Nach dem Abendopfer wurden alle diese
Lampen angezündet, die dann ihr Licht über Jerusalem erstrahlen
ließen. Dieser Festakt sollte an die Feuersäule erinnern, die Israel in
der Wüste geleitet hatte, gleichzeitig aber auch auf den kommenden
Messias hindeuten. Abends, wenn die Lampen angezündet wurden,
war der Vorhof ein Ort großer Freudenkundgebungen. Grauhaarige
Männer, nämlich die Tempelpriester und die Obersten des Volkes,
fanden sich in festlichen Tänzen zu Instrumentalmusik und zum
Gesang der Leviten.
Durch den Lichterglanz in Jerusalem drückte das Volk seine
Hoffnung auf die Ankunft des Messias aus, der ebenfalls sein Licht
über Israel erstrahlen lassen würde. Für Jesus besaß dieser Vorgang
jedoch noch eine größere Bedeutung. Wie die Tempellampen ihr
Licht in die Umgebung ausstrahlten, so wollte Christus, der geistli-
che Lichtquell, die Finsternis der Welt erhellen. Das Sinnbild war
jedoch unvollkommen. Das gewaltige Licht, das er mit eigener Hand
am Himmel geschaffen hatte, war eine bessere Darstellung der Herr-
lichkeit seiner Sendung.
Es war früh am Morgen; die Sonne war gerade über dem Ölberg
aufgegangen. Blendend hell ergossen sich ihre Strahlen über die
Marmorpaläste und ließen das Gold der Tempelmauern aufleuchten.
Jesus wies darauf hin und sagte: „Ich bin das Licht der Welt.“
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