Seite 538 - Das Leben Jesu (1973)

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Kapitel 60: Das Gesetz des neuen Königreichs
Die Zeit des Passahfestes rückte näher, und Jesus wandte sich
wieder nach Jerusalem. Sein Herz war erfüllt von dem Frieden einer
vollkommenen Übereinstimmung mit dem Willen seines Vaters.
Schnellen Schrittes eilte er der Stätte des Opfers zu. Die Jünger aber
hatte ein Gefühl des Zweifels und der Furcht erfaßt; sie spürten, daß
etwas Unabwendbares in der Luft lag. Der Herr „ging ihnen voran,
und sie entsetzten sich; die ihm aber nachfolgten, fürchteten sich“.
Markus 10,32
.
Da rief Jesus die Zwölf zu sich und eröffnete ihnen entschiedener
als je zuvor die Geschehnisse seines Leidensweges. „Wir gehen
hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was
geschrieben ist durch die Propheten von des Menschen Sohn. Denn
er wird überantwortet werden den Heiden, und er wird verspottet
und geschmäht und verspeit werden, und sie werden ihn geißeln und
töten; und am dritten Tage wird er auferstehen. Sie aber verstanden
der keines, und die Rede war ihnen verborgen, und wußten nicht,
was das Gesagte war.“
Lukas 18,31-34
.
Hatten sie nicht soeben noch verkündigt: „Das Himmelreich
ist nahe herbeigekommen“?
Matthäus 10,7
. Hatte Christus nicht
selbst verheißen, daß viele mit Abraham, Isaak und Jakob im König-
reich Gottes sitzen würden?
Matthäus 8,11
. Ja, hatte er den Zwölfen
nicht darüber hinaus besondere Ehrenstellungen in seinem Reich
versprochen — dereinst würden sie „sitzen auf zwölf Thronen und
richten die zwölf Stämme Israels“?
Matthäus 19,28
. Eben noch hatte
er hervorgehoben, daß alles, was die Propheten von ihm niederge-
schrieben hatten, sich erfüllen würde. Hatten die Propheten nicht den
Glanz der messianischen Herrschaft vorhergesagt? Wenn man an
diese Aussagen dachte, schienen Jesu Worte über Verrat, Verfolgung
und Tod unklar und unverständlich zu sein. Die Jünger glaubten,
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daß das Königreich Gottes trotz möglicherweise aufkommender
Schwierigkeiten bald aufgerichtet werden würde.
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