Seite 603 - Das Leben Jesu (1973)

Basic HTML-Version

Kapitel 67: „Weh euch, Schriftgelehrte und
Pharisäer ...“
Auf der Grundlage von
Matthäus 23
;
Markus 12,41-44
;
Lukas
20,45-47
;
Lukas 21,1-4
.
Es war der letzte Tag, den Jesus im Tempel lehrte. Die Aufmerk-
samkeit der riesigen Menschenmenge, die in Jerusalem versammelt
war, hatte sich ihm zugewandt. Das Volk füllte die Höfe des Tem-
pels und beobachtete den Streit, der im Gange war. Begierig fingen
sie jedes Wort auf, das aus dem Munde Jesu kam. Nie zuvor hatte
man solches gesehen. Da stand der junge Galiläer, ohne irdischen
Glanz und ohne königliche Würde, umgeben von den Priestern in
ihren reichen Gewändern, den Obersten in ihrer Amtskleidung mit
den Zeichen ihrer Würde, die ihre erhöhte Stellung erkennen ließen,
und den Schriftgelehrten mit den Pergamentrollen in den Händen,
auf die sie häufig verwiesen. Gelassen, mit königlicher Erhabenheit
stand Jesus vor ihnen. Ausgestattet mit der Vollmacht des Himmels,
blickte er unentwegt auf seine Widersacher, die seine Lehren ver-
worfen und verachtet hatten und ihm nach dem Leben trachteten. Sie
hatten ihn häufig angegriffen, doch ihre Anschläge, ihn zu fangen
und zu verurteilen, waren vergebens gewesen. Herausforderung auf
Herausforderung war er entgegengetreten, indem er die reine, leuch-
tende Wahrheit im Gegensatz zu der geistlichen Unwissenheit und
den Irrtümern der Priester und Pharisäer darstellte. Er hatte diesen
Führern des Volkes ihren wahren Zustand vor Augen geführt und
auch die mit Sicherheit folgende Vergeltung, wenn sie in ihren bösen
Taten beharrten. Sie waren gewissenhaft gewarnt worden. Jetzt blieb
ihm etwas anderes zu tun; ein anderes Ziel galt es noch zu erreichen.
Die Anteilnahme des Volkes an Christus und seiner Tätigkeit
hatte ständig zugenommen. Die Juden waren von seinen Lehren
begeistert, gleichzeitig fühlten sie sich auch sehr verwirrt. Bisher
hatten sie die Priester und Rabbiner wegen ihrer Weisheit und au-
genscheinlichen Frömmigkeit geachtet und ihrer Autorität in allen
[605]
599