Seite 638 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
dem Herrn dienen könnte. Viele Millionen Menschen sind dem
Verderben ausgeliefert und mit Ketten der Unwissenheit und Sünde
gebunden. Niemals haben sie auch nur das geringste von Christi
Liebe zu ihnen gehört. Wären wir an ihrer und sie an unserer Stelle,
was wünschten wir uns dann wohl von ihnen? Alles das sollten wir
ihnen, soweit es in unserer Macht liegt, zuteil werden lassen. Christi
Lebensregel, durch die wir beim Gericht stehen oder fallen werden,
lautet: „Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das
tut ihnen auch!“
Matthäus 7,12
.
Der Heiland hat sein kostbares Leben dahingegeben, um eine Ge-
meinde zu bauen, die fähig ist, sich um jene Menschen zu kümmern,
die in Sorgen und Versuchungen verstrickt sind. Eine Gemeinschaft
von Gläubigen mag arm, ungebildet und unbekannt sein; doch durch
Christus kann sie daheim, in der Nachbarschaft, in der Gemeinde
und sogar in der Ferne eine Wirkung ausüben, deren Früchte erst die
Ewigkeit ausweisen wird.
Weil diese Aufgabe unterlassen wird, machen so viele Jünger
Jesu kaum Fortschritte im Erlernen des Alphabets christlicher Erfah-
rung. Das Licht, das in ihren Herzen aufleuchtete, als Jesus zu ihnen
sprach: „Deine Sünden sind dir vergeben“ (
Matthäus 9,2
;
Lukas
7,48
), hätten sie dadurch lebendig erhalten müssen, daß sie anderen
in ihrer Not halfen. Die rastlose Tatkraft, die jungen Menschen so oft
gefährlich werden kann, sollte in Kanäle geleitet werden, durch die
sie als Strom des Segens weiterfließt. Seine Selbstsucht überwindet
man durch ernsthaftes Bemühen, anderen Gutes zu tun.
Wer anderen dient, dem wird der Oberhirte dienen. Er wird selbst
vom Lebenswasser trinken und volle Genüge haben. Sein Sehnen
geht nicht auf vergängliche Freuden oder Abwechslung in seinem
Leben aus. Sein Hauptverlangen ist darauf gerichtet, Seelen zu retten,
die dem Verderben ausgeliefert sind. Der Umgang miteinander wird
sich nutzbringend auswirken, und die Liebe des Erlösers wird die
Herzen in Einigkeit verbinden.
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Wenn wir uns vergegenwärtigen, daß wir Gottes Mitarbeiter sind,
werden wir seine Verheißungen nicht gleichgültig daherreden. Sie
werden vielmehr in unseren Herzen brennen und unsere Lippen
erregen. Als Mose aufgefordert wurde, einem unwissenden, unge-
horsamen und aufrührerischen Volk zu dienen, versprach ihm Gott:
„Mein Angesicht soll vorangehen; ich will dich zur Ruhe leiten.“