Seite 640 - Das Leben Jesu (1973)

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Kapitel 71: Aller Diener
Auf der Grundlage von
Lukas 22,7-18
;
Johannes 13,1-17
.
Im oberen Raum eines Hauses in Jerusalem saß Christus mit
seinen Jüngern zu Tisch. Sie hatten sich hier versammelt, um das
Passah zu feiern, und der Heiland wollte dieses Fest mit seinen
Jüngern allein begehen. Er wußte, daß seine Zeit gekommen war; er
selbst war das wahre Opferlamm. An dem Tage, an dem das Passah
gegessen wurde, würde er geopfert werden. Er stand im Begriff,
den Kelch des Zorns zu trinken und würde bald die Leidenstaufe
empfangen müssen. Nur noch wenige Stunden blieben ihm, und
diese wollte er zum Wohle seiner geliebten Jünger verbringen.
Das Leben Jesu auf Erden war ein Leben selbstlosen Dienstes
gewesen. Alle seine Taten hatten bezeugt, daß er nicht gekommen
war, „daß er sich dienen lasse, sondern daß er diene“.
Matthäus
20,28
. Seine Jünger hatten dies noch nicht begriffen; darum wie-
derholte Jesus bei diesem letzten Passahmahl seine Lehre mit Hilfe
einer anschaulichen Erläuterung, damit sie ihren Herzen und Sinnen
unauslöschlich eingeprägt werde.
Die Stunden des Alleinseins mit ihrem Meister — von ihnen
allen hochgeschätzt — waren den Jüngern immer ein Quell reicher
Freude. Das Passahmahl war stets ein Ereignis von besonderem Reiz
gewesen; doch an diesem Passahfest zeigte sich der Herr betrübt,
sein Herz war bedrückt, und ein Schatten lag auf seinem Angesicht.
Als er mit den Jüngern in dem oberen Saal zusammentraf, erkannten
diese sofort, daß irgend etwas sein Gemüt beschwerte; obgleich sie
die Ursache nicht wußten, nahmen sie doch innigen Anteil an seinem
Kummer.
Als sie um den Tisch versammelt waren, sagte Jesus mit bewegter
Stimme: „Mich hat herzlich verlangt, dies Osterlamm mit euch zu
essen, ehe denn ich leide. Denn ich sage euch, daß ich hinfort nicht
mehr essen werde, bis daß es seine Erfüllung findet im Reich Gottes.
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Und er nahm den Kelch, dankte und sprach: Nehmet ihn und teilet
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