Seite 738 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
Als Pilatus erklärte, daß er unschuldig sei am Blute Jesu, ant-
wortete Kaiphas herausfordernd: „Sein Blut komme über uns und
unsre Kinder!“ Diese schrecklichen Worte wurden von den Priestern
und Obersten aufgenommen und fanden lauten Widerhall bei der
großen Volksmenge in einem unmenschlichen Gebrüll. Alle riefen
sie: „Sein Blut komme über uns und unsre Kinder!“
Matthäus 27,25
.
Das Volk Israel hatte seine Wahl getroffen. Es hatte auf Jesus
hingewiesen und geschrien: „Hinweg mit diesem und gib uns Ba-
rabbas los!“
Lukas 23,18
. Barabbas, ein Räuber und Mörder, war
der Vertreter Satans. Christus war der Vertreter Gottes. Barabbas
wurde erwählt, Christus verworfen. Sie sollten Barabbas haben. Mit
dieser Wahl nahmen sie jenen an, der von Anbeginn ein Lügner und
Mörder war. Satan war ihr Führer. Als Nation würden sie nach seiner
Weisung handeln. Seine Werke würden sie tun. Seine Herrschaft
mußten sie ertragen. Jene Menschen, die Barabbas statt Christus
wählten, sollten bis zum Ende der Zeit die Grausamkeit des Barabbas
zu spüren bekommen.
Angesichts des gemarterten Lammes Gottes riefen die Juden
aus: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“
Matthäus
27,25
. Dieser furchtbare Ruf stieg zum Thron Gottes empor; dieses
selbstgesprochene Urteil wurde im Himmel festgehalten; dieser
Wunsch wurde erhört. Das Blut des Sohnes Gottes kam über ihre
Kinder und Kindeskinder als ein ewiger Fluch.
Auf schreckliche Weise erfüllte sich dieser Fluch bei der Zerstö-
rung Jerusalems. Nicht weniger furchtbar bekundete er sich in dem
Zustand des jüdischen Volkes während mehr als achtzehnhundert
Jahren: eine vom Weinstock getrennte Rebe, ein abgestorbener, dür-
rer Zweig, dazu da, aufgelesen und verbrannt zu werden. Von Land
zu Land und durch die ganze Welt, von Jahrhundert zu Jahrhundert:
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tot in Übertretungen und Sünden.
Ebenso entsetzlich wird die Erfüllung jenes Ausrufes am Jüng-
sten Tage sein. Wenn Christus wieder zur Erde herniederfahren wird,
dann wird die Menschheit ihn nicht mehr als einen von einem Pö-
belhaufen umgebenen Gefangenen sehen. Sie wird ihn dann als den
Himmelskönig erkennen. Christus wird in seiner, in seines Vaters
und der heiligen Engel Herrlichkeit erscheinen. Zehntausendmal
zehntausend und tausendmal tausend Engel, die schönen und sieg-
reichen Söhne Gottes, die eine alles übertreffende Lieblichkeit und