Seite 797 - Das Leben Jesu (1973)

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Der Gang nach Emmaus
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sie zufrieden gewesen, und in der Fülle ihrer Freude würden sie
nichts weiter verlangt haben. Und doch war es für sie notwendig, die
Sinnbilder und Weissagungen des Alten Testamentes, die auf Jesus
hindeuteten, zu verstehen; denn darauf sollte ihr Glaube ja gegründet
sein. Christus tat kein Wunder, um sie zu überzeugen, sondern er
sah es als seine erste Aufgabe an, ihnen die heiligen Schriften zu
erklären. Sie hatten seinen Tod als Vernichtung all ihrer Hoffnun-
gen angesehen, und nun zeigte Jesus ihnen aus den Propheten, daß
gerade sein Kreuzestod der stärkste Beweis für ihren Glauben sei.
Indem Jesus jene Jünger lehrte, wies er auf die Wichtigkeit des
Alten Testamentes hin als ein Zeugnis seiner Sendung. Viele vorgeb-
liche Christen legen heute das Alte Testament beiseite und behaup-
ten, daß es nicht mehr länger von Bedeutung sei. Doch dies lehrte
Christus keineswegs. Er selbst schätzte es so hoch, daß er einmal
sagte: „Hören sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie auch
nicht glauben, wenn jemand von den Toten aufstünde.“
Lukas 16,31
.
Es ist Christi Stimme, die durch den Mund der Patriarchen und
Propheten von Adam an bis zur Endzeit hin spricht. Der Heiland wird
im Alten Testament genauso klar offenbart wie im Neuen Testament.
Gerade das Licht der prophetischen Vergangenheit läßt das Leben
Jesu und die Lehren des Neuen Testaments in aller Wahrheit und
Schönheit hervortreten. Wohl ist Christi Wunderwirken ein Beweis
seiner Gottheit; aber ein bedeutend stärkerer Beweis, daß er der
Erlöser der Welt ist, wird durch den Vergleich der alttestamentlichen
Weissagungen mit der Geschichte des Neuen Testamentes erbracht.
An Hand der alttestamentlichen Weissagungen gab Jesus den
Jüngern ein genaues Bild davon, was er in menschlicher Gestalt
darstellen sollte. Ihre Erwartung eines Messias, der seinen Thron
und seine Herrschermacht in Übereinstimmung mit menschlichen
Wünschen aufrichten müßte, war irreführend gewesen. Diese Auf-
fassung wirkte sich störend darauf aus, sein Herabsteigen von der
höchsten bis zu niedrigsten Stellung, die überhaupt eingenommen
werden konnte, recht zu begreifen. Christus wünschte, daß die Vor-
stellungen seiner Jünger in jeder Hinsicht klar und wahr wären. Sie
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mußten soweit wie irgend möglich alles, was mit dem Leidenskelch
zusammenhing, der ihm bestimmt worden war, verstehen lernen.
Er zeigte ihnen, daß der schreckliche Kampf, den sie jetzt noch
nicht zu begreifen vermochten, die Erfüllung des Bundes bedeutete,