Seite 799 - Das Leben Jesu (1973)

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Der Gang nach Emmaus
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auf; er nimmt sich aber aller an, die ihn brauchen. Gern tritt er in
die bescheidenste Hütte und erfreut das Herz des Allergeringsten.
Sind die Menschen aber zu gleichgültig, um an den himmlischen
Gast zu denken oder ihn zu bitten, bei ihnen zu bleiben, so geht
er weiter. Viele erleiden auf diese Weise einen großen Verlust. Sie
kennen dann Christus nicht besser als jene Jünger, die mit ihm nach
Emmaus wanderten.
Ein einfaches Abendessen ist bald bereitet und wird dem Gast,
der am Kopfende des Tisches Platz genommen hat, vorgesetzt. Da
streckt Jesus seine Hand aus und segnet die Speise. Die Jünger
stutzen. Ihr Begleiter breitet die Hände genauso aus, wie es ihr
Meister zu tun pflegte. Sie blicken wieder hin — und siehe da, sie
erkennen die Nägelmale an seiner Hand. Beide rufen zugleich aus:
Es ist der Herr Jesus! Er ist von den Toten auferstanden!
Sie erheben sich, um ihm zu Füßen zu fallen und ihn anzubeten,
aber er ist ihren Blicken entschwunden. Sie schauen auf den Platz,
auf dem der gesessen hat, dessen Körper vor kurzem noch im Grabe
ruhte, und sagen zueinander: „Brannte nicht unser Herz in uns, da er
mit uns redete auf dem Wege, als er uns die Schrift öffnete?“
Lukas
24,32
.
Diese große Neuigkeit, die sie verkündigen müssen, erlaubt es
ihnen nicht, einfach sitzen zu bleiben und zu erzählen. Müdigkeit
und Hunger sind vergessen. Sie lassen ihre Mahlzeit unberührt, und
voller Freude brechen sie sofort auf und eilen den gleichen Weg,
den sie kamen, wieder in die Stadt zurück, um den Jüngern diese
Botschaft zu bringen. An einigen Stellen ist der Weg unsicher, aber
sie klettern über schroffe Steine und eilen auf glattem Fels dahin. Sie
sehen und wissen nicht, daß sie unter dem Schutz dessen stehen, der
vorher mit ihnen diesen Weg gegangen ist. Den Stab in der Hand,
drängen sie vorwärts und möchten gern noch schneller gehen, als
sie es jetzt schon wagen. Sie verlieren ihren Pfad und finden ihn
wieder. Manchmal rennend, manchmal stolpernd, eilen sie weiter,
ihren unsichtbaren Begleiter während der ganzen Wegstrecke immer
neben sich.
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Die Nacht ist dunkel, aber die Sonne der Gerechtigkeit scheint
auf die eilenden Jünger. Ihr Herz droht vor Freude zu zerspringen.
Sie fühlen sich wie in einer neuen Welt, haben sie doch erfahren:
Christus ist ein lebendiger Heiland! Sie brauchen ihn nicht länger als