Seite 561 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Kapitel 56: Eli und seine Söhne
Eli war Priester und Richter zugleich in Israel. Damit bekleidete
er die höchsten und verantwortungsvollsten Ämter. Als ein Mann,
den Gott für die heiligen Pflichten des Priesteramtes erwählte und
mit richterlicher Vollmacht im Lande betraute, sah man in ihm mit
Recht ein Vorbild; darum hatte er bei den Stämmen Israels großen
Einfluß. Aber obwohl zur Leitung des Volkes bestimmt, konnte er
nicht einmal seine eigene Familie regieren. Eli war ein zu nachsichti-
ger Vater, der Frieden und Ruhe liebte. Nie setzte er seine väterliche
Autorität gegen die schlechten Neigungen und Gewohnheiten sei-
ner Kinder ein. Statt sich seinen Kindern gegenüber zu behaupten
oder sie hart heranzunehmen, gab er immer nach und ließ sie ihre
eigenen Wege gehen. Statt in der Erziehung seiner Söhne eine der
wichtigsten Aufgaben zu sehen, behandelte er sie als etwas Neben-
sächliches. Der Priester und Richter kannte seine Pflicht, die ihm
von Gott anvertrauten Kinder anzuleiten und in Schranken zu halten.
Aber gerade davor schreckte Eli zurück, denn das bedeutete, dem
Willen seiner Söhne entgegenzutreten, ihnen manches zu versagen
und sie zu bestrafen. Ohne die furchtbaren Folgen zu bedenken,
die sein Verhalten heraufbeschwören mußte, gab er ihnen in allen
Stücken nach, ließ sie tun, was immer sie wollten, und versäumte
darüber völlig, sie für den Dienst Gottes und auf die Pflichten des
Lebens vorzubereiten.
Gott hatte von Abraham gesagt: „Dazu habe ich ihn auserkoren,
daß er seinen Kindern befehle und seinem Hause nach ihm, daß sie
des Herrn Wege halten und tun, was recht und gut ist.“
1.Mose 18,19
.
Aber Eli ließ es zu, daß seine Kinder ihn, den Vater, beherrschten.
Der Fluch der Übertretung zeigte sich denn auch in ihrer Verdorben-
heit und dem schlimmen Lebenswandel. Sie kannten weder Achtung
vor Gott noch vor der Heiligkeit seines Gesetzes. Gottesdienst war
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für sie etwas ganz Gewöhnliches. Sie waren ja von Kind auf an
das Heiligtum und den damit verbundenen Dienst gewöhnt. Aber
statt dafür um so ehrerbietiger zu werden, verloren sie im Gegenteil
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