Seite 604 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Kapitel 60: Sauls Vermessenheit
Nach der Versammlung in Gilgal entließ Saul das Heer, das auf
seinen Ruf gekommen war, um die Ammoniter zu besiegen. Er be-
hielt nur zweitausend Mann unter seinem Befehl bei Michmas und
ließ tausend als Gefolge seines Sohnes Jonathan in Gibea. Das er-
wies sich als schwerer Fehler. Durch den jüngsten Sieg war das Heer
voller Hoffnung und Mut. Er hätte besser getan, sofort auch gegen
die andern Feinde vorzugehen. Dann hätte er einen entscheidenden
Schlag zur Befreiung Israels führen können.
Statt dessen handelten die kriegerischen Nachbarn, die Philister.
Sie besaßen nach der Niederlage bei Eben-Ezer noch immer einige
Bergfestungen in Israel. Jetzt setzten sie sich im Landesinneren fest.
Außerdem waren sie den Israeliten an Ausrüstung und Waffenübung
weit überlegen. Während der langen Zwangsherrschaft über die Is-
raeliten hatten sie ihre Macht noch dadurch zu verstärken gewußt,
daß sie diesen verboten, das Schmiedehandwerk zu betreiben, da-
mit sie kein Kriegsgerät herstellen konnten. Und auch nach dem
Friedensschluß mußten sich die Hebräer mit dergleichen notwen-
digen Arbeiten weiterhin an die Besatzung der Philister wenden.
Aus Bequemlichkeit und infolge der Abhängigkeit, die solche lange
Bedrückung mit sich bringt, versäumten Israels Männer weitgehend,
sich mit Waffen zu versehen. Bei Fehden verwandte man Bogen und
Schleudern, und die konnten sie erwerben. Außer Saul und seinem
Sohne Jonathan besaß keiner Speer oder Schwert.
Erst in Sauls zweitem Regierungsjahr machten sie einen Versuch,
die Philister zu unterwerfen. Den ersten Schlag führte sein Sohn
Jonathan, der die Besatzung von Gibea angriff und überwältigte.
Erbittert über diese Niederlage, bereiteten die Philister einen raschen
Gegenangriff vor. Nun ließ Saul mit Posaunenschall im ganzen
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Lande zum Kriege blasen und alle wehrfähigen Männer aufrufen,
sich in Gilgal zu versammeln, einschließlich der Stämme jenseits
des Jordan. Und sie folgten diesem Ruf.
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