Seite 695 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Kapitel 71: Davids Schuld und Reue
Die Bibel hat nur wenig zum Lobe des Menschen zu sagen. Sie
widmet auch den Vorzügen der Besten, die je lebten, nicht viel Raum.
Dieses Stillschweigen hat seinen Grund. Alle guten Eigenschaften,
die der Mensch besitzt, sind Gaben Gottes. Gutes geschieht durch
Gottes Gnade in Christus. Als Dank gebührt ihm allein die Ehre für
alles, was Menschen sind oder tun; sie sind nur Werkzeuge in seiner
Hand. Außerdem ist es —wie die gesamte biblische Geschichte lehrt
— ein gefährlich Ding, Menschen zu rühmen oder zu verherrlichen.
Denn wer seine Abhängigkeit von Gott aus den Augen verliert und
auf die eigene Kraft vertraut, kommt sicherlich zu Fall. Der Mensch
hat mit Feinden zu kämpfen, die stärker sind als er. „Wir haben
nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Mächtigen
und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in dieser
Finsternis herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel.“
Epheser 6,12
. Solchen Auseinandersetzungen sind wir von uns aus
nicht gewachsen. Darum will uns die Bibel zum Vertrauen auf Gottes
Kraft ermutigen und Zweifel an der eigenen Stärke wecken.
Selbstvertrauen und Selbstüberschätzung schufen die Vorausset-
zung für Davids Fall. Auch er war nicht gefeit gegen Schmeicheleien;
und der kaum vernehmbare Anreiz von Macht und Wohlleben ver-
fehlte seine Wirkung nicht — genauso wie der schlechte Einfluß
durch den Umgang mit den benachbarten Völkern. Es war Gewohn-
heitsrecht östlicher Herrscher, für Unrecht straffrei zu bleiben, das
bei ihren Untertanen nicht geduldet wurde. Sie brauchten sich keine
Schranken aufzuerlegen wie diese. Das alles trug dazu bei, Davids
Bewußtsein für das Wesen der Sünde zu trüben. Und anstatt sich
jederzeit in Demut auf die Kraft Jahwes zu verlassen, begann er, auf
eigene Klugheit und Größe zu bauen. Sobald es aber Satan gelingt,
den Menschen von Gott, der einzigen Kraftquelle, zu trennen, wird er
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versuchen, unheilige Wünsche zu wecken. Das gelingt ihm nicht von
heute auf morgen, wohl aber durch heimliches Untergraben fester
Grundsätze. Mit scheinbar unwichtigen Dingen fängt er an: Nach-
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