Seite 74 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Kapitel 7: Die Sintflut
Durch Adams Übertretung und Kains Mord ruhte in den Tagen
Noahs ein doppelter Fluch auf der Erde. Doch hatte sich die Natur
nicht viel verändert. Es gab zwar deutliche Zeichen des Verfalls, aber
die Erde war noch immer schön und durch die göttliche Fürsorge
reich an Gaben. Die Berge waren mit majestätischen Bäumen ge-
krönt, die fruchtbeladenen Zweige des Weinstocks mußten gestützt
werden. Die grünen, gartenähnlichen Ebenen waren mit Tausenden
von Blumen bedeckt, die ihren süßen Duft verströmten. Vielerlei
Arten Früchte wuchsen in unbegrenzten Mengen. Die Bäume über-
trafen die heutigen Arten an Größe, Schönheit und vollkommenem
Ebenmaß. Ihr Holz war fein gemasert, dabei fast so hart und dauer-
haft wie Stein. Gold, Silber und Edelsteine gab es im Überfluß.
Das Menschengeschlecht hatte sich noch viel von seiner ur-
sprünglichen Kraft bewahrt. Es waren ja nur wenige Geschlechter
dahingegangen, seit Adam noch Zugang zum Lebensbaume gehabt
hatte. Ihre Lebenszeit zählte nach Jahrhunderten. Hätten jene lang-
lebigen Menschen ihre ungewöhnlichen Gaben dem Dienste Gottes
geweiht, dann würden sie den Schöpfer auf Erden damit verherrlicht
und auf diese Weise ihren Lebenszweck erfüllt haben.
Aber bei dieser Aufgabe versagten sie. Es gab damals viele
riesenhaft große, starke Menschen, berühmt durch ihre Weisheit,
überaus begabte Erfinder. Aber ihre geistigen Fähigkeiten und ihr
sonstiges Geschick waren mindestens ebenso groß wie ihre Schuld,
die sie durch allzu williges Nachgeben der Sünde gegenüber auf sich
luden.
Gott hatte diesen vorsintflutlichen Menschen viele reiche Gaben
verliehen, aber sie benutzten sie zum Eigenruhm und verwandelten
sie dadurch in Fluch. Ihre Neigungen galten den Gaben statt dem
Geber. Sie verwendeten Gold und Silber, Edelsteine und erlesene
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Hölzer zum Bau ihrer Wohnungen und versuchten dabei, sich in
der Verschönerung ihrer Häuser durch ausgesuchte Kunstfertigkeit
gegenseitig zu überbieten. Nur darauf bedacht, die Wünsche ihres
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