Seite 384 - Das Wirken der Apostel (1976)

Basic HTML-Version

Kapitel 46: In Freiheit
Während das Wirken des Apostels Paulus in Rom unter göttli-
chem Segen zur Bekehrung vieler und zur Stärkung und Ermutigung
der Gläubigen diente, zogen sich düstere Wolken zusammen, die
nicht nur seine eigene Sicherheit, sondern auch das Wohl der Ge-
meinde bedrohten. Bei seiner Ankunft in Rom war er dem Haupt-
mann der kaiserlichen Wache übergeben worden, einem gerecht den-
kenden, aufrichtigen Manne, durch dessen Entgegenkommen er sich
verhältnismäßig frei bewegen und der Evangeliumsverkündigung
nachgehen konnte. Aber noch ehe die zweijährige Gefangenschaft
zu Ende ging, wurde dieser Mann von einem Beamten abgelöst, von
dem Paulus kein besonderes Wohlwollen erwarten konnte.
Die Juden wurden jetzt aktiver als zuvor in ihren Bemühungen
gegen Paulus. Sie fanden dabei eine willige Helferin in der sittenlo-
sen Frau, die Nero zu seiner zweiten Gemahlin gemacht hatte. Sie
war zum Judentum übergetreten und benutzte ihren ganzen Einfluß,
um die verbrecherischen Absichten gegen diesen herausragenden
Mann des Christentums zu unterstützen.
Paulus konnte von dem Kaiser, auf den er sich berufen hatte,
kaum Gerechtigkeit erwarten. Nero war in seiner Lebensführung
verkommener, in seinem Charakter ruchloser und zu scheußlichen
Grausamkeiten fähiger als alle Herrscher vor ihm. Die Zügel der
Regierung hätten keinem despotischeren Herrscher anvertraut wer-
[482]
den können. Bereits im ersten Jahr seiner Regierung hatte er seinen
jungen Stiefbruder, den rechtmäßigen Thronerben, vergiften lassen.
Immer stärker und unaufhaltsamer geriet Nero in den Strudel von
Laster und Verbrechen, bis er sogar seine eigene Mutter und später
seine Gemahlin ermorden ließ. Es gab keine Abscheulichkeit, zu der
er nicht fähig gewesen wäre, keine noch so niederträchtige Tat, die
er nicht hätte ausführen können. In jedem rechtschaffenen Gemüt
erweckte er Abscheu und Verachtung.
Die Einzelheiten der an seinem Hof begangenen Schlechtigkei-
ten waren zu gemein und zu schrecklich, als daß man sie schildern
380