Seite 73 - Die Engel (1997)

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Engel im Zeitalter der Patriarchen
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würde größer sein als der andere und der Jüngere den Vorrang haben
...
Isaak machte seine Söhne mit diesen Rechten und Bedingungen
vertraut und erklärte ihnen ganz deutlich, daß Esau als der Ältere
Anspruch auf das Erstgeburtsrecht habe. Aber Esau hatte weder
Neigung zur Frömmigkeit noch zum geistlichen Leben ...
Rebekka erinnerte sich jetzt der Worte des Engels, und sie deutete
mit größerem Scharfblick als ihr Mann die Charakterzüge ihrer
Söhne. Sie kam zu der Überzeugung, daß das Erbe der göttlichen
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Verheißung Jakob bestimmt war. Deshalb wiederholte sie Isaak
die Worte des Engels, aber die Zuneigung des Vaters gehörte nun
einmal dem älterem Sohn, und er blieb beharrlich bei seiner Absicht.
Patriarchen und Propheten 154.155
.
Jakob wußte durch die Mutter von der göttlichen Ankündigung,
daß ihm das Erstgeburtsrecht zufallen sollte. Und er war von un-
sagbarem Verlangen nach den Vorrechten erfüllt, die ihm damit
übertragen würden. Nicht, daß er nach dem Reichtum des Vaters
strebte; das Ziel seiner Sehnsucht galt vielmehr dem geistlichen
Erstgeburtsrecht ...
Als Esau eines Tages ermattet und müde von der Jagd nach
Hause kam, bat er um die Speise, die Jakob eben zubereitete. Dieser
ergriff die Gelegenheit und erbot sich, den Hunger seines Bruders
um den Preis des Erstgeburtsrechts zu stillen ... „Siehe, ich muß doch
sterben“, rief der leichtsinnige, unbeherrschte Jäger, „was soll mir da
die Erstgeburt?“
1.Mose 25,32
. Und für eine Schüssel Linsengericht
gab er sein Erstgeburtsrecht auf und bekräftigte diesen Handel mit
einem Eid ...
Jakob und Rebekka hatten Erfolg mit ihrem Plan, aber sie ern-
teten nur Kummer und Sorge. Gott hatte gesagt, Jakob solle das
Erstgeburtsrecht erhalten. Wenn sie im Vertrauen darauf gewartet
hätten, würde sich auch Gottes Wort zu seiner Zeit erfüllt haben ...
Durch Esaus Zorn mit dem Tode bedroht, verließ Jakob seines
Vaters Heim als Flüchtling ... Am Abend des zweiten Tages war er
schon ziemlich weit von den Zelten seines Vaters entfernt. Er fühlte
sich als Ausgestoßener und wußte doch zugleich, daß diese ganze
Not durch eigenes falsches Verhalten über ihn hereingebrochen war.
Dunkle Verzweiflung lastete auf ihm, und er wagte kaum zu
beten. Aber er war dermaßen einsam, daß er die Notwendigkeit des