Seite 215 - Das Leben Jesu (1973)

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Gefangenschaft und Tod des Johannes
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Als Herodes von den Werken Christi hörte, erschrak er aufs äu-
ßerste, dachte er doch, Gott habe Johannes von den Toten auferweckt
und mit noch größerer Macht ausgesandt, um die Sünde zu verdam-
men. Er lebte in anhaltender Furcht, Johannes würde sich für seinen
Tod rächen und ihn und sein Haus verfluchen. Herodes erntete ge-
nau das, was Gott als Folge eines sündigen Wandels genannt hatte:
„Ein bebendes Herz ... und erlöschende Augen und eine verzagende
Seele, und dein Leben wird immerdar in Gefahr schweben; Nacht
und Tag wirst du dich fürchten und deines Lebens nicht sicher sein.
Morgens wirst du sagen: Ach daß es Abend wäre! und abends wirst
du sagen: Ach daß es Morgen wäre! vor Furcht deines Herzens, die
dich schrecken wird, und vor dem, was du mit deinen Augen sehen
wirst.“
5.Mose 28,65-67
. Den Sünder klagen seine eigenen Gedan-
ken an. Nichts kann quälender sein als der Stachel eines schuldigen
Gewissens, das ihn Tag und Nacht nicht zur Ruhe kommen läßt.
Für viele birgt das Schicksal Johannes des Täufers ein tiefes Ge-
heimnis. Sie fragen sich, warum er wohl im Gefängnis hat schmach-
ten und sterben müssen. Das Rätsel dieser dunklen Fügung vermag
unser menschliches Denken nicht zu durchdringen. Es kann auch
unser Vertrauen zu Gott nicht erschüttern, wenn wir uns vor Augen
halten, daß Johannes nur teilhatte an den Leiden Christi. Alle Nach-
folger Christi werden die Krone des Opfers tragen. Von selbstsüchti-
gen Menschen werden sie sicher mißverstanden werden, und Satan
wird sie zum Ziel seiner heftigsten Angriffe machen. Dessen Reich
hat es genau darauf abgesehen, den Grundsatz der Selbstaufopferung
zu beseitigen, und wo immer dieser Grundsatz in Erscheinung tritt,
wird Satan dagegen kämpfen.
Kindheit, Jugend und Mannesalter des Johannes zeichneten sich
aus durch Festigkeit und sittliche Kraft. Als sein Aufruf in der Wü-
ste erklang: „Bereitet dem Herrn den Weg und machet richtig seine
Steige!“ (
Matthäus 3,3
) fürchtete Satan um den Bestand seines Rei-
ches. Das Verwerfliche der Sünde wurde mit solchem Nachdruck
aufgedeckt, daß die Menschen erschraken. Satans Macht über viele
Menschen, die bisher seiner Herrschaft unterworfen waren, wurde
gebrochen. Unermüdlich hatte er sich bemüht, den Täufer seinem
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Leben vorbehaltloser Hingabe an Gott abspenstig zu machen, je-
doch vergeblich. Und auch Jesus hatte er nicht überwinden können.
Die Versuchung Jesu in der Wüste war zu einer Niederlage Satans