Seite 235 - Das Leben Jesu (1973)

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Die Berufung am See
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Keiner der Jünger hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt Jesus ganz
als Mitarbeiter angeschlossen. Sie waren Zeugen vieler seiner Wun-
der gewesen und hatten zugehört, als er lehrte; doch ihren Beruf
hatten sie noch nicht völlig aufgegeben. Die Einkerkerung Johan-
nes des Täufers war für sie alle eine bittere Enttäuschung gewesen.
Wenn das Endergebnis der Sendung des Täufers so aussehen sollte,
dann konnten sie für ihren Meister nur wenig Hoffnung haben, wo
doch alle religiösen Führer sich gegen ihn verbündeten. Unter diesen
Umständen hatten sie es als Erleichterung empfunden, für kurze Zeit
wieder ihrer Tätigkeit als Fischer nachgehen zu können. Aber nun
verlangte Jesus von ihnen, ihr früheres Leben aufzugeben und seine
Belange zu ihren eigenen zu machen. Petrus hatte den Ruf ange-
nommen. Als Jesus ans Ufer kam, forderte er auch die drei anderen
Jünger auf: „Folget mir nach; ich will euch zu Menschenfischern
machen.“
Matthäus 4,19
. Sofort verließen sie alles und folgten ihm.
Ehe der Herr Petrus, Jakobus und Johannes aufforderte, ihre Net-
ze und Boote zu verlassen, hatte er ihnen die Versicherung gegeben,
daß Gott für ihre Bedürfnisse sorgen würde. Petrus war dafür, daß er
sein Boot zur Verkündigung des Evangeliums zur Verfügung gestellt
hatte, reichlich entschädigt worden. Er, der „reich ist gegenüber al-
len, die ihn anrufen“ (
Römer 10,12, Bruns
), hat gesagt: „Gebet, so
wird euch gegeben. Ein voll, gedrückt, gerüttelt und überfließend
Maß wird man in euren Schoß geben.“
Lukas 6,38
. So hatte Jesus
auch den Dienst des Petrus belohnt. Und jedes in seinem Dienst ge-
brachte Opfer wird belohnt werden nach dem „überschwenglichen
Reichtum seiner Gnade“.
Epheser 2,7
.
In jener traurigen Nacht auf dem See, in der die Jünger von Jesus
getrennt waren, wurden sie durch Unglauben und Unwillen über
die erfolglose Arbeit schwer bedrückt; aber Jesu Gegenwart belebte
ihren Glauben und brachte ihnen Freude und Erfolg. So ist es auch
mit uns! Getrennt von Christus, ist unser Wirken fruchtlos, und es ist
dann leicht, mißtrauisch zu sein und zu klagen. Ist er aber in unserer
Nähe und arbeiten wir unter seiner Leitung, dann freuen wir uns der
Gewißheit seiner Macht. Satan will die Seele entmutigen, Christus
aber stärkt sie mit Hoffnung und Glauben.
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Was der Heiland den Jüngern durch dieses Wunder mitteilen
wollte, ist auch eine tiefe Lehre für uns: Er, dessen Machtwort selbst
die Fische aus der Tiefe sammelte, kann auch die menschlichen