Seite 278 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
seiner Notlage, um dem Eigentümer den Verlust zu ersparen. Mithin
ließen sie einem Tier größere Sorge angedeihen als dem Menschen,
der doch zum Ebenbild Gottes geschaffen ist. Dies veranschaulicht
deutlich die Wirkung aller falschen Glaubensrichtungen. Diese ent-
springen dem Verlangen, sich über Gott zu erheben, enden aber darin,
daß sie den Menschen unter das Tier erniedrigen. Jede Religion, die
sich gegen die oberste Gewalt Gottes wendet, betrügt den Menschen
um die Herrlichkeit, die er bei der Schöpfung besaß, und die ihm von
Christus wiedergegeben werden soll. Jede falsche Religion lehrt ihre
Anhänger, gegen die menschlichen Bedürfnisse, Leiden und Rechte
gleichgültig zu sein; das Evangelium aber legt hohen Wert auf das
Menschentum und sieht den Menschen als Erlösten durch das Blut
Christi, der in allen Nöten der liebevollsten Aufmerksamkeit wert
ist. Der Herr sagt, „daß ein Mann kostbarer sein soll als Feingold
und ein Mensch wertvoller als Goldstücke aus Ophir“.
Jesaja 13,12
.
Als Jesus sich an die Pharisäer mit der Frage wandte, ob es recht
sei, am Sabbat Gutes zu tun oder Böses, Leben zu retten oder zu
töten, stellte er sie ihren eigenen bösen Absichten gegenüber. Sie
trachteten ihm mit bitterem Haß nach dem Leben, während er das
Leben retten und den Menschen Glückseligkeit bringen wollte. War
es nun besser, am Sabbat zu töten, wie sie es zu tun beabsichtigten,
oder Kranke zu heilen, wie er es getan hatte? Was war gerechter:
alle Menschen zu lieben und dies durch Taten der Barmherzigkeit zu
bekunden oder an Gottes heiligem Tage Mordgedanken im Herzen
zu hegen?
Durch die Heilung der verdorrten Hand verurteilte Jesus die
Gebräuche der Juden und handhabte das Sabbatgebot so, wie Gott
es einst gegeben hatte. „Darum darf man wohl am Sabbat Gutes
tun“, sagte er. Indem er die sinnlosen Einschränkungen der Juden
hinwegräumte, ehrte er das wahre Wesen des Sabbats, während Jesu
Ankläger Gottes heiligen Tag entehrten.
Viele, die die Meinung vertreten, daß Christus das Gesetz ab-
getan habe, lehren, daß er den Sabbat brach und sogar die Jünger
rechtfertigte, als sie das gleiche taten. Solche Propheten stellen sich
in Wirklichkeit den krittelnden Juden gleich und widersprechen dem
Zeugnis Christi von sich selbst; denn er sagte: Ich halte meines
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Vaters Gebote und bleibe in seiner Liebe.
Johannes 15,10
. Weder
der Heiland noch seine wahren Nachfolger brachen das Sabbatgebot.