Seite 294 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
Liebe wird die Seele reiner und größer machen und für höhere Ziele
und für eine tiefere Erkenntnis der himmlischen Dinge befähigen.
Dann wird sie „die Fülle haben“.
Jeremia 31,14
. „Selig sind, die
da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt
werden.“
Matthäus 5,6
.
Die Barmherzigen werden Barmherzigkeit erlangen. Und die
reines Herzens sind, werden Gott schauen. Jeder unreine Gedanke
befleckt die Seele, beeinträchtigt das sittliche Empfinden und trägt
dazu bei, die Eindrücke des Heiligen Geistes zu verwischen; der
geistliche Blick wird getrübt, so daß die Menschen Gott nicht wahr-
nehmen können. Der Herr will dem reumütigen Sünder vergeben
und vergibt ihm auch; dennoch bleibt die Seele befleckt. Alle unrei-
nen Worte und Gedanken müssen von dem vermieden werden, der
die geistliche Wahrheit sicher wahrnehmen möchte.
Aber die Worte Christi schließen noch mehr ein als ein Freisein
von gedanklicher Unreinheit, auch mehr als ein Freisein von jenen
förmlichen Vergehen, die von den Juden so sorgfältig vermieden
wurden. Die Selbstsucht hindert uns daran, Gott zu schauen. Der
eigennützige Geist beurteilt Gott gerade so, wie er selbst ist. Solange
wir nicht der Selbstsucht entsagt haben, können wir Gott, der die
Liebe ist, nicht verstehen. Nur ein selbstloses Herz, ein demütiger
und vertrauender Geist wird erkennen, daß Gott „barmherzig und
gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue“ (
2.Mose
34,6
) ist.
„Selig sind die Friedfertigen.“
Matthäus 5,9
. Der Friede Christi
ist aus der Wahrheit geboren; er ist Übereinstimmung mit Gott. Die
Welt befindet sich in Feindschaft mit dem Gesetz Gottes, die Sünder
sind‘s mit ihrem Schöpfer und darum auch miteinander. Der Psal-
mist aber sagt: „Großen Frieden haben, die dein Gesetz lieben; sie
werden nicht straucheln.“
Psalm 119,165
. Menschen können keinen
Frieden schaffen, Menschliche Pläne zur Läuterung und zur Ver-
edelung des einzelnen oder der Gesellschaft werden keinen Frieden
vermitteln können, weil sie das Herz nicht erreichen. Die einzige
Macht, die wahren Frieden schaffen oder bestehen lassen kann, ist
die Gnade Christi. Wenn diese im Herzen Wurzel geschlagen hat,
wird sie alle bösen Leidenschaften, die Zank und Entfremdung verur-
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sachen, vertreiben. „Es sollen Zypressen statt Dornen wachsen und
Myrten statt Nesseln“ (
Jesaja 55,13
), und „die Wüste und Einöde