Seite 345 - Das Leben Jesu (1973)

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Die ersten Evangelisten
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Rat, alles gut zu bedenken, damit sie der Feind nicht unvorbereitet
überfallen kann. Ihre „Ritterschaft“ richtet sich nicht gegen Fleisch
und Blut, sondern gegen die „Mächtigen und Gewaltigen“, gegen
die „Herren der Welt, die in dieser Finsternis herrschen“, gegen die
bösen Geister unter dem Himmel. (
Epheser 6,12
). Christi Nachfolger
müssen gegen übernatürliche Mächte kämpfen, ihnen ist aber auch
übermenschliche Hilfe zugesichert. Alle himmlischen Wesen gehö-
ren zu diesem Heer, und einer, der „um so viel größer geworden als
die Engel, wie der Name, den er als Erbteil erhalten hat, den ihrigen
überragt“. (
Hebräer 1,4, Menge
). Der Heilige Geist, der Vertreter
des Höchsten unter den Heerscharen des Herrn, kommt hernieder,
um die Schlacht zu führen. Unsere Schwächen mögen zahlreich,
unsere Sünden und Fehler schwer sein; die Gnade Gottes aber ist für
alle vorhanden, die ihn von ganzem Herzen suchen. Die Kraft des
Allmächtigen ist bei denen, die ihr Vertrauen auf Gott setzen.
„Siehe“, sagte Jesus, „ich sende euch wie Schafe mitten unter
die Wölfe. Darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch
wie die Tauben.“
Matthäus 10,16
. Er selbst hat nie ein Wort der
Wahrheit zurückgehalten, es aber stets in Liebe gesprochen. Er be-
wies im Umgang mit Menschen das größte Zartgefühl und eine
bedachtsame, freundliche Aufmerksamkeit; er gebrauchte nie grobe
Ausdrücke, sprach nie unnötigerweise ein hartes Wort und bereitete
selbst empfindsamen Herzen niemals unnötige Pein. Er tadelte keine
menschlichen Schwächen. Furchtlos verurteilte er zwar Heuchelei,
Unglauben und Bosheit, aber er konnte seine scharfen Zurechtwei-
sungen nur mit tränenerstickter Stimme aussprechen. Er weinte über
Jerusalem, über die Stadt, die er liebte, weil sie sich weigerte, ihn —
den Weg, die Wahrheit und das Leben — anzunehmen. Obgleich sie
ihn, den Heiland, verwarf, betrachtete er diese Stadt mit mitleidvoller
Sorge, und der Kummer über ihr Schicksal quälte sein Herz. Jede
Seele war in seinen Augen kostbar. Während er selbst mit göttlicher
Würde auftrat, erwies er jedem Glied der Gottesfamilie liebevolle
Achtung. In allen Menschen sah er gefallene Seelen, die zu retten er
als seine Aufgabe betrachtete.
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Christi Diener sollen nicht nach den Eingebungen ihres natürli-
chen Herzens handeln; sie bedürfen einer engen Gemeinschaft mit
Gott, damit sich nicht in der Erregung das eigene Ich erhebt und
Worte des Zorns ausstößt und dann nicht mehr dem Tau gleicht oder