Seite 364 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
um die Bedürfnisse auch nur einer Seele zu befriedigen. Wir kön-
nen nur das mitteilen, was wir von dem Herrn erhalten haben, und
wir können nur empfangen, wenn wir es andern mitteilen. Indem
wir beständig austeilen, empfangen wir auch immerzu, und zwar in
dem Maße, in dem wir geben. So können wir beständig glauben,
vertrauen, empfangen und weitergeben.
Der Bau des Reiches Gottes wird vorwärtsgehen, wenn auch
scheinbar langsam und wenn auch ungeheure Schwierigkeiten den
Fortschritt zu hemmen scheinen. Es ist aber das Werk Gottes, und
Gott selbst wird für die Mittel sorgen und Helfer senden; treue,
ernste Jünger, deren Hände mit Speise für die hungernde Menschheit
gefüllt sind. Gott gedenkt, aller, die in Liebe arbeiten, um das Wort
des Lebens den Verschmachtenden zu bringen, die ihrerseits wieder
die Hände ausstrecken nach Speise für hungrige Seelen.
In unserem Wirken für den Herrn liegt die Gefahr nahe, uns zu
sehr darauf zu verlassen, was der Mensch mit seinen Fähigkeiten und
Gaben leisten kann. Dadurch verlieren wir den Meister aus den Au-
gen und erkennen oftmals nicht unsere persönliche Verantwortung.
Wir laufen Gefahr, unsere Last auf eine Gemeinschaft abzuwälzen,
statt uns auf Christus, die Quelle aller Kraft, zu verlassen. Es ist ein
großer Irrtum, im Wirken für Gott auf menschliche Weisheit oder auf
Zahlen zu vertrauen. Ein erfolgreiches Wirken für den Herrn hängt
nicht so sehr von der Anzahl der Mitarbeiter oder deren Fähigkeiten
ab, als vielmehr von der Lauterkeit des Wollens und der wahren
Einfalt eines ernsten, alles von Gott erwartenden Glaubens. Persön-
liche Verantwortung muß getragen, persönliche Pflichten müssen
aufgenommen und persönliche Anstrengungen gemacht werden für
die, welche nichts von Christus wissen. Statt die Verantwortung auf
Personen zu legen, von denen wir meinen, daß sie begabter seien als
wir selbst, sollten wir nach unseren Kräften schaffen und wirken.
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Wenn die Frage an dich herantritt: „Wo kaufen wir Brot, daß
diese essen?“, laß deine Antwort nicht eine Erwiderung des Unglau-
bens sein. Als die Jünger des Herrn Anordnung hörten: „Gebt ihr
ihnen zu essen!“, tauchten vor ihnen alle möglichen Schwierigkeiten
auf. Sie fragten sich: „Sollen wir in die Dörfer gehen, um Speise
zu kaufen?“ Wenn es heute den Menschen an dem Brot des Lebens
mangelt, fragen die Kinder Gottes: „Sollen wir jemand aus der Ferne
holen, der sie speise?“ Was sagte Christus? „Lasset sie sich setzen.“