Seite 381 - Das Leben Jesu (1973)

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Die Entscheidung in Galiläa
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Das Volk hatte Christus auf das Manna hingewiesen, das ihre
Vorfahren in der Wüste gegessen hatten, als wäre die Gewährung
dieser Speise ein größeres Wunder gewesen als das, was Jesus getan
hatte. Er aber zeigte, wie bescheiden diese Gabe war im Vergleich zu
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den Segnungen, die er schenken wollte. Das Manna konnte nur die
irdische Existens sichern. Es konnte weder den Tod verhindern noch
Unsterblichkeit gewährleisten. Das Himmelsbrot dagegen sollte die
Seele nähren und ihr zum ewigen Leben verhelfen. Der Heiland sagte
deshalb: „Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben das Manna
gegessen in der Wüste und sind gestorben. Dies ist das Brot, das
vom Himmel kommt, auf daß, wer davon isset, nicht sterbe. Ich bin
das lebendige Brot, vom Himmel gekommen. Wer von diesem Brot
essen wird, der wird leben in Ewigkeit.“
Johannes 6,48-51
. Diesem
Bild fügt Christus noch ein weiteres hinzu. Nur durch Sterben konnte
er den Menschen Leben schenken, und mit den folgenden Worten
nennt er seinen Tod das Mittel der Erlösung; denn er sagt: „Und das
Brot, das ich geben werde, das ist mein Fleisch, welches ich geben
werde für das Leben der Welt.“
Johannes 6,51
.
Die Juden wollten gerade in Jerusalem das Passahfest begehen
zur Erinnerung an die Nacht der Befreiung Israels, in welcher der
Todesengel die Familien der Ägypter heimsuchte. Nach dem Willen
Gottes sollten sie im Passahlamm das Lamm Gottes sehen und in
diesem Bild jenen annehmen, der sich selbst für das Leben der Welt
hingab. Die Juden aber hatten das Sinnbild zur höchsten Bedeutung
erhoben und verstanden seinen Sinn nicht mehr. Daher erkannten
sie in ihm nicht den Leib des Herrn. Die gleiche Wahrheit, die das
Passahfest versinnbildete, wurde auch von Christus gelehrt. Aber
sie wurde noch immer nicht begriffen.
Doch jetzt riefen die Rabbiner ärgerlich aus: „Wie kann dieser
uns sein Fleisch zu essen geben?“
Johannes 6,52
. Sie taten so, als
verstünden sie seine Worte in dem gleichen buchstäblichen Sinne
wie Nikodemus, als dieser fragte: „Wie kann ein Mensch geboren
werden, wenn er alt ist?“
Johannes 3,4
. Bis zu einem gewissen Grade
begriffen sie, was Jesus meinte, sie wollten es aber nicht zugeben.
Bewußt deuteten sie seine Worte falsch in der Hoffnung, das Volk
gegen ihn aufzubringen.
Christus milderte dennoch seine sinnbildliche Darstellung nicht
etwa ab, er wiederholte die Wahrheit vielmehr mit noch kraftvolleren