Seite 385 - Das Leben Jesu (1973)

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Die Entscheidung in Galiläa
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Diese Prüfung war zu schwer. Die Begeisterung der Menschen,
die ihn gewaltsam entführen und zum König machen wollten, erkal-
tete. Diese Unterredung in der Synagoge, so erklärten sie, habe ihnen
die Augen geöffnet. Jetzt seien sie eines Besseren belehrt worden.
Für sie waren seine Worte geradezu das Eingeständnis, daß er nicht
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der Messias sei und daß aus einer Verbindung mit ihm kein irdischer
Gewinn erwachsen könne. Seine Wunder wirkende Kraft hatten sie
begrüßt; sie waren froh, von Krankheit und Leid befreit zu werden.
An seinem aufopfernden Leben wollten sie jedoch nicht teilhaben.
Sie kümmerten sich auch nicht um das geheimnisvolle geistliche
Reich, von dem er sprach. Die unaufrichtigen und selbstsüchtigen
Menschen, die zu ihm gekommen waren, hatten kein Verlangen
mehr nach ihm. Falls er seine Macht und seinen Einfluß nicht dazu
verwenden würde, sie von den Römern zu befreien, dann wollten sie
mit ihm nichts mehr zu tun haben.
Jesus sagte ihnen unmißverständlich: „Es sind etliche unter euch
die glauben nicht.“ Und er fügte hinzu: „Darum habe ich euch
gesagt: Niemand kann zu mir kommen, es sei ihm denn von meinem
Vater gegeben.“
Johannes 6,64.65
. Sie sollten begreifen, daß sie
sich deshalb nicht zu ihm hingezogen fühlten, weil ihre Herzen
dem Heiligen Geist nicht aufgetan waren: „Der natürliche Mensch
... vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit, und
er kann es nicht erkennen; denn es muß geistlich verstanden sein.“
1.Korinther 2,14
. Nur im Glauben erschaut die Seele die Herrlichkeit
Jesu, eine Herrlichkeit, die ihr so lange verborgen bleibt, bis durch
den Heiligen Geist der Glaube im Herzen entzündet ist.
Durch die öffentliche Zurechtweisung ihres Unglaubens wurden
diese Jünger Jesus noch mehr entfremdet. Sie waren außerordent-
lich ungehalten. Aus dem Wunsch heraus, den Heiland zu kränken
und der Bosheit der Pharisäer gefällig zu sein, wandten sie ihm den
Rücken und verließen ihn voller Verachtung. Sie hatten ihre Wahl
getroffen und sich der Form ohne Geist, der Hülse ohne Kern zuge-
wendet. Ihren Entschluß haben sie später nicht wieder rückgängig
gemacht; denn sie „wandelten hinfort nicht mehr mit ihm“.
Johannes
6,66
.
„Er hat seine Worfschaufel in der Hand; er wird seine Tenne
fegen und den Weizen in seine Scheune sammeln.“
Matthäus 3,12
.
Jetzt war solch eine Zeit der Reinigung gekommen. Die Worte der