Seite 386 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
Wahrheit trennten die Spreu vom Weizen. Viele wandten sich jetzt
von Jesus ab, weil sie zu eitel und zu selbstgerecht waren und allzu-
sehr die Welt liebten, um ein Leben der Demut auf sich zu nehmen.
Auch heute verhalten sich viele Menschen so. Auch heute werden
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Mensch so geprüft wie damals die Jünger in der Synagoge zu Ka-
pernaum. Wenn ihnen die Wahrheit nahegebracht wird, so erkennen
sie, daß ihr Leben nicht mit dem Willen Gottes übereinstimmt. Sie
begreifen zwar, daß sie sich von Grund auf ändern müßten, sind aber
nicht bereit, diese selbstverleugnende Aufgabe auszuführen. Des-
halb ärgern sie sich, wenn ihre Sünden aufgedeckt werden. Beleidigt
wenden sie sich ab, wie damals die Jünger, und murren dabei: „Das
ist eine harte Rede; wer kann sie hören?“
Johannes 6,60
.
Lob und Schmeichelei würden ihnen zusagen, die Wahrheit aber
ist ihnen nicht willkommen; sie können sie nicht ertragen. Wenn
die Menge nachfolgt, wenn sie gesättigt wird und Triumphgeschrei
ertönt, dann schreit sie ihr Lob mit lauter Stimme hinaus. Sobald aber
Gottes Geist die Volksmenge durchforscht, ihre Sünden offenbart
und sie auffordert, die Sünden abzulegen, dann kehrt sie der Wahrheit
den Rücken und folgt Jesus nicht mehr nach.
Als diese unzufriedenen Jünger sich von Christus abwandten,
überkam sie ein anderer Geist. Ihn, der ihnen einst so anziehend
erschienen war, fanden sie nicht mehr fesselnd. Sie suchten jetzt
seine Feinde auf; denn mit ihnen stimmten sie nun in Gesinnung und
Haltung überein. Sie mißdeuteten seine Worte, verfälschten seine
Aussagen und bestritten seine Beweggründe. Ja, sie unterstützen
dies dadurch, daß sie alles sammelten, was gegen ihn verwendet
werden konnte. Durch diese falschen Berichte wurde eine Empörung
erzeugt, die sein Leben gefährdete.
Rasch verbreitete sich die Nachricht, daß Jesus selbst bezeugt
habe, nicht der Messias zu sein. Dadurch entstand in Galiläa eine
allgemeine Stimmung gegen ihn wie ein Jahr zuvor in Judäa. Wehe
dem Volke Israel! Es verwarf seinen Erlöser, weil es nach einem
Eroberer Ausschau hielt, der ihm irdische Macht verleihen sollte. Es
wünschte sich Speise, die vergänglich ist, nicht aber Speise, „die für
das ewige Leben vorhält“.
Johannes 6,27 (GN)
.
Wehen Herzens sah Jesus jene, die bisher seine Nachfolger ge-
wesen waren, sich von ihm, dem Leben und Licht der Menschen,
abwenden. Das Bewußtsein, daß man sein Mitleid nicht schätzte,