Seite 433 - Das Leben Jesu (1973)

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Wer ist der Größte?
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Der Ehre geht die Erniedrigung voraus. Soll jemand vor den
Menschen eine hohe Stellung einnehmen, dann erwählt der Himmel
dazu jemanden, der sich — wie Johannes der Täufer — vor Gott
demütigt. Der Jünger, der einem Kind am ähnlichsten ist, leistet
für Gott die beste Arbeit. Wenn er sich nicht selbst erhöht, sondern
Seelen retten will, dann können die himmlischen Wesen mit ihm
zusammenwirken. Wem am stärksten bewußt ist, wie dringend er
der Hilfe Gottes bedarf, wird darum beten, und der Heilige Geist
wird seine Blicke auf Jesus lenken. Das wird ihn stärken und seine
Seele wieder aufrichten. So eins geworden mit Christus wird er alles
tun, Seelen für ihn zu gewinnen, die sonst in ihren Sünden zugrunde
gehen müßten. Er ist zu seinem Dienst berufen und hat selbst dort
noch Erfolg, wo viele gelehrte und weise Männer scheitern.
Wenn sich Männer aber selbst erhöhen und meinen, für den
Erfolg des großen Planes Gottes unersetzlich zu sein, dann sorgt
Gott dafür, daß sie nicht zum Zuge kommen. Dadurch wird erwiesen,
daß Gott von ihnen nicht abhängig ist. Das Werk kommt deswegen
nicht zum Stillstand, weil sie von ihm ausgeschlossen sind; es geht
sogar mit größerer Kraft voran.
Es genügte nicht, daß die Jünger Jesu über das Wesen seines
Reiches unterrichtet wurden. Vor allem mußten ihre Herzen umge-
staltet werden, damit sie mit den in diesem Reiche herrschenden
Grundsätzen übereinstimmten. Jesus rief deshalb ein kleines Kind zu
sich, stellte es mitten unter die Jünger, nahm es liebevoll in die Arme
und sagte: „Wenn ihr nicht umkehret und werdet wie die Kinder,
so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“
Matthäus 18,2.3
.
Die Schlichtheit, Selbstvergessenheit und zutrauliche Liebe eines
kleinen Kindes sind jene Eigenschaften, die der Himmel schätzt. Sie
kennzeichnen wahre Größe.
Wieder erklärte Jesus den Jüngern, daß die Merkmale seines
Reiches nicht irdische Würde und Prachtentfaltung sind. Zu seinen
Füßen vergißt man all diese Unterschiede. Reiche und Arme, Ge-
lehrte und Unwissende sind dann vereint und denken nicht mehr an
Standesunterschiede oder weltliche Rangstellungen. Alle sind als
bluterkaufte Seelen versammelt und hängen in gleicher Weise von
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dem ab, der sie mit Gott versöhnt hat.
Ein aufrichtiges und reumütiges Herz ist in Gottes Augen kostbar.
Der Herr drückt den Menschen sein göttliches Siegel auf, nicht auf