Seite 555 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Fest im Hause Simons
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Jesu dargebracht wurde. Sein Herz brannte vor Neid darüber, daß
der Heiland etwas empfangen sollte, was nur den Königen der Erde
zukam. Für einen Betrag, der weit unter dem Preis für das Ölgefäß
lag, verriet er seinen Herrn.
Kein anderer Jünger glich dem Judas. Sie liebten ihren Heiland,
wenn sie auch sein wahres Wesen nicht richtig zu würdigen ver-
standen. Wären sie sich bewußt gewesen, was er für sie getan hatte,
dann hätten sie erkannt, daß nichts vergeudet war von dem, was
ihm zuteil wurde. Die Weisen aus dem Morgenlande, die so wenig
von Christus wußten, hatten für die ihm schuldige Ehrerbietung ein
besseres Verständnis. Sie brachten dem Heiland der Welt Geschenke
und beugten sich in Ehrfurcht vor ihm, als er noch ein kleines Kind
war und in einer Krippe gewiegt wurde.
Christus schätzt die Taten herzlich empfundener Höflichkeit. Er-
wies ihm jemand eine Gunst, dann segnete er ihn mit vorbildlicher
Zuvorkommenheit. Er verweigerte nicht die schlichteste Blumen-
gabe, die von Kindeshand gepflückt und ihm liebevoll dargebracht
wurde. Er nahm die Gaben der Kinder an und segnete die Geber,
indem er ihre Namen in das Buch des Lebens schrieb. Die Heilige
Schrift berichtet über die Salbung Jesu durch Maria, um sie vor den
anderen Frauen ihres Namens auszuzeichnen. Taten, die der Liebe
zu Jesus und der Ehrerbietung ihm gegenüber entspringen, beweisen
unseren Glauben an ihn als den Sohn Gottes. Die Heilige Schrift
erwähnt als Zeichen der Treue einer Frau zu Christus: „Wenn sie der
Heiligen Füße gewaschen hat, wenn sie denen in Trübsal Handrei-
chung getan hat, wenn sie allem guten Werk nachgekommen ist.“
1.Timotheus 5,10
.
Der Heiland freute sich über das ernste Bestreben Marias, dem
göttlichen Willen nachzukommen, und nahm die Fülle uneigennützi-
ger Zuneigung, die seine Jünger nicht verstanden und nicht verstehen
wollten, gern entgegen. Marias Wunsch, ihrem Herrn diesen Dienst
zu erweisen, galt ihm mehr als alle köstlichen Salben der Welt, weil
er bekundete, wie sehr sie den Erlöser der Welt schätzte. Es war die
Liebe Christi, die sie trieb. Die Vollkommenheit des Wesens Jesu
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erfüllte ihre Seele. Jene Salbe war ein Symbol für das, was in ihrem
Herzen vor sich gegangen war; sie war das äußerliche Zeichen einer
Liebe, die von himmlischen Quellen gespeist wurde, bis sie überfloß.