Seite 645 - Das Leben Jesu (1973)

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Aller Diener
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Bei den Worten: „Werde ich dich nicht waschen, so hast du kein
Teil an mir“ ließ Petrus seinen Stolz und Eigensinn fahren. Den
Gedanken der Trennung von Christus konnte er nicht ertragen; das
hätte für ihn den Tod bedeutet. „Herr, nicht die Füße allein“, rief er
aus, „sondern auch die Hände und das Haupt! Spricht Jesus zu ihm:
Wer gewaschen ist, der bedarf nichts als noch die Füße waschen;
denn er ist ganz rein.“
Johannes 13,9.10
.
Diese Worte meinen mehr als nur die körperliche Reinlichkeit.
Der Herr spricht hier von einer höheren Reinigung, dargestellt durch
die niedrigere. Wer aus dem Bade kam, war rein; nur die mit Sanda-
len bekleideten Füße wurden bald wieder staubig und bedurften aufs
neue der Reinigung. So waren Petrus und seine Mitjünger in der
großen Quelle gereinigt worden, die für alle Sünde und Unreinheit
zugänglich ist. Der Herr anerkannte sie als die Seinen, aber die Ver-
suchung hatte sie zur Sünde verführt, und sie bedurften noch seiner
reinigenden Gnade. Als sich der Heiland mit dem Schurz umgür-
tete, um den Staub von ihren Füßen zu waschen, wollte er gerade
durch diese Handlung ihr Herz von Eifersucht, Zwietracht und Stolz
befreien; dies war die wirkliche Bedeutung der Fußwaschung. Mit
dem Geist, der sie damals beherrschte, war nicht einer von ihnen zur
Gemeinschaft mit Jesus fähig. Ehe sie nicht den Geist der Demut
und Liebe besaßen, waren sie nicht vorbereitet, das Passahmahl zu
genießen oder an der Gedächtnisfeier teilzunehmen, die der Heiland
gerade einsetzen wollte. Ihre Herzen mußten gereingt werden. Stolz
und Selbstsucht erzeugen Zwietracht und Haß; dies alles tilgte Jesus,
indem er ihnen die Füße wusch. Ihr Herz änderte sich, und als Jesus
auf sie blickte, konnte er sagen: „Ihr seid rein.“
Johannes 13,9.10
.
Jetzt herrschte Gemeinschaft der Herzen, und sie liebten einander;
sie waren bescheiden und lernbegierig geworden. Außer Judas waren
sie alle bereit, einer dem andern den höchsten Platz einzuräumen.
Sie konnten nun mit ergebenem, dankbarem Herzen die Worte ihres
Meisters aufnehmen.
Wie Petrus und die andern Jünger, so sind auch wir in dem Blut
Christi gewaschen worden; doch wird oft des Herzens Reinheit
durch die Berührung mit dem Bösen befleckt, und wir müssen zu
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Christus kommen, um seine reinigende Gnade zu empfangen. Petrus
lehnte es entsetzt ab, seine staubigen Füße von den Händen seines
Herrn und Meisters berühren zu lassen. Wie oft aber kommen unsere