Seite 656 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
Christi bestätigt wurde. Die Einsetzung des heiligen Abendmahles
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sollte den Jüngern das unendlich große Opfer vor Augen halten, das
er für jeden von ihnen persönlich — als einem Teil des gefallenen
Menschengeschlechtes — brachte.
Doch die Feier des Abendmahles soll keine Zeit der Trauer sein.
Dazu wurde sie nicht eingesetzt. Wenn die Gläubigen sich am Tisch
des Herrn zusammenfinden, sollen sie nicht ihrer Verfehlungen und
Mängel gedenken und sie beklagen. Sie sollen sich nicht bei ih-
rer vergangenen religiösen Erfahrung aufhalten, ganz gleich, ob sie
bedrückend war oder erhebend. Sie sollen sich nicht die Meinungs-
verschiedenheiten mit ihren Mitbrüdern ins Gedächtnis zurückrufen.
Das alles gehört zum Vorbereitungsdienst. Die Selbstprüfung, das
Sündenbekenntnis, das Beilegen von Streitigkeiten soll vorher ge-
schehen sein. Jetzt sind sie gekommen, um dem Herrn zu begegnen.
Sie stehen nicht im Schatten des Kreuzes, sondern in seinem erret-
tenden Licht, und sie sollen ihre Seele den leuchtenden Strahlen der
Sonne der Gerechtigkeit öffnen. Mit einem durch Christi so kostba-
res Blut gereinigten Herzen, im vollen Bewußtsein seiner — wenn
auch unsichtbaren — Gegenwart sollen sie seine Worte hören: „Den
Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe
ich euch, wie die Welt gibt.“
Johannes 14,27
.
Der Heiland sagt: Wenn ihr der Sünde überführt seid, dann denkt
daran, daß ich für euch gestorben bin. Unterdrückt, verfolgt oder
peinigt man euch um meinet- oder um des Evangeliums willen, so
erinnert euch meiner Liebe, die so groß war, daß ich für euch mein
Leben gab. Erscheinen euch eure Pflichten hart und streng und eure
Lasten zu schwer, sie zu tragen, dann besinnt euch darauf, daß ich
um euretwillen, alle Schmach nicht achtend, das Kreuz ertrug. Wenn
eure Herzen vor schweren Prüfungen zurückweichen, dann wisset,
daß euer Erlöser lebt und für euch bittet.
Das Abendmahl weist auf Christi Wiederkunft hin und wurde
eingesetzt, um diese Hoffnung in den Herzen der Jünger lebendig zu
erhalten. Wann auch immer sie zusammenkamen, um seines Todes
zu gedenken, erzählten sie sich, wie er den Kelch nahm, dankte, ihnen
den Kelch gab und sprach: „Trinket alle daraus; das ist mein Blut des
neuen Testaments, welches vergossen wird für viele zur Vergebung
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der Sünden. Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von
diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, da ich‘s neu