Seite 676 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
gleichen Früchte wie in ihm, und wenn wir in Christus leben, an
ihm hangen, von ihm gestützt werden und unsere Nahrung von ihm
nehmen, dann tragen wir auch Frucht gleich ihm.
Bei diesem letzten Zusammensein mit seinen Jüngern sprach
Jesus die große Bitte aus, daß sie sich untereinander lieben möchten,
wie er sie geliebt hatte. Immer wieder äußerte er diesen Gedanken.
„Das ist mein Gebot“, so hatte er wiederholt gesprochen, „daß ihr
euch untereinander liebet.“
Johannes 15,12
. Jetzt, beim Abendmahl,
schärfte er ihnen als erstes ein: „Ein neu Gebot gebe ich euch, daß
ihr euch untereinander liebet, wie ich euch geliebt habe, damit auch
ihr einander liebhabet.“
Johannes 13,34
. Den Jüngern war dieses
Gebot neu; denn sie hatten einander nicht so geliebt, wie Jesus sie
liebte. Er erkannte, daß neue Gedanken und neue Antriebskräfte sie
erfüllen, daß sie nach neuen Grundsätzen handeln müßten. Durch
sein Leben und Sterben sollten sie einen neuen Begriff von der Liebe
erhalten. Das Gebot der brüderlichen Liebe erhielt im Licht seiner
Selbstaufopferung eine neue Bedeutung. Das ganze Wirken der Gna-
de ist ein beständiger Dienst der Liebe, der Selbstverleugnung und
der Selbstaufopferung. In jeder Stunde seines Erdenlebens gingen
unaufhaltsame Ströme der Liebe Gottes von Jesus aus, und alle, die
seines Geistes sind, werden Liebe üben, wie er sie vorlebte. Der
gleiche Grundgedanke, der Jesus beseelte, wird auch sie in ihrem
Handeln untereinander leiten.
Diese Liebe ist der Beweis ihrer Jüngerschaft. „Daran wird jeder-
mann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander
habt.“
Johannes 13,35
. Wenn Menschen nicht aus Zwang oder ei-
genem Interesse, sondern aus Liebe miteinander verbunden sind,
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macht sich in ihrem Leben das Wirken einer Macht bemerkbar, die
über jedem irdischen Einfluß steht. Wo dieses Einssein besteht, ist es
ein Beweis dafür, daß das Ebenbild Gottes im Menschen wiederher-
gestellt ist, daß ein neuer Lebensgrundsatz eingepflanzt wurde. Es
wird sich dann zeigen, daß in der göttlichen Natur Kraft genug ist,
den übernatürlichen Mächten des Bösen zu widerstehen, und daß die
Gnade Gottes auch die dem natürlichen Herzen eigene Selbstsucht
überwindet.
Wird solche Liebe in der Gemeinde offenbar wird sie gewiß
den Zorn Satans erregen. Der Heiland hat seinen Jüngern keinen
leichten Weg bestimmt. Er sagte ihnen: „Wenn euch die Welt hasset,