Seite 70 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den
Thron seines Vaters David geben, und er wird ein König sein über
das Haus Jakob ewiglich.“
Lukas 1,32.33
. Diese Worte hatte Maria
in ihrem Herzen hin und her bewegt; doch während sie daran glaubte,
daß ihr Kind der Messias Israels sein sollte, blieb ihr seine Sendung
unverständlich. Auch jetzt begriff sie seine Worte nicht, doch sie
wußte, daß er auf seine verwandtschaftliche Bindung zu Joseph
verzichtet und sich als Sohn Gottes bekannt hatte.
Jesus verleugnete keineswegs seine enge Beziehung zu seinen
irdischen Eltern. Er kehrte mit ihnen von Jerusalem nach Hause zu-
rück und half ihnen auch bei ihren Alltagspflichten. Das Geheimnis
seines Auftrags verbarg er in seinem Herzen und wartete gehor-
sam auf den vorgesehenen Zeitpunkt, um sein Werk aufzunehmen.
Achtzehn Jahre lang, seit er sich als der Sohn Gottes zu erkennen
gegeben hatte, achtete er die Bindung, die ihn eng mit dem Zuhause
in Nazareth verband, und erfüllte gewissenhaft die Pflichten eines
Sohnes, Bruders, Freundes und Bürgers.
Als Jesus im Tempel mit seiner Aufgabe vertraut gemacht wor-
den war, zog er sich von der Menge zurück. Er wünschte ohne Auf-
hebens mit jenen von Jerusalem nach Hause zurückzukehren, die das
Geheimnis seines Lebens kannten. Durch den Passahgottesdienst
wollte Gott sein Volk von seinen irdischen Sorgen ablenken und sie
an sein wunderbares Eingreifen erinnern, als er sie aus der Hand der
Ägypter befreite. In diesem Geschehen sollten sie eine Verheißung
der Befreiung von der Sünde erkennen. Wie das Blut des getöteten
Lammes ihre Häuser in Ägypten geschützt hatte, so sollte auch das
Blut Christi ihre Seelen bewahren. Doch sie konnten durch Christus
nur gerettet werden, indem sie wahrhaft seinem Leben nacheiferten.
Das war der Sinn des symbolischen Dienstes, der die Gottesdienst-
teilnehmer zu Christus als ihrem persönlichen Heiland wies. Gott
wollte, daß sie dahin kommen sollten, über Christi Sendung voller
Andacht nachzudenken. Doch sobald die Menge Jerusalem verließ,
nahmen die Aufregung der Reise und der gesellige Umgang allzuoft
ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch, so daß der Gottesdienst,
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den sie erlebt hatten, bald vergessen war. Der Heiland war für ihre
Gesellschaft nicht interessant genug.
Da Joseph und Maria mit Jesus allein von Jerusalem zurückkeh-
ren würden, hoffte er ihre Gedanken auf die Weissagungen von dem