Seite 111 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Abrahams Berufung
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Der erste Ort, an dem sie haltmachten, war Sichem. Im Schatten
der Eichen von More, in einem weiten, grünen Tal mit Olivenhainen
und sprudelnden Quellen, zwischen den Bergen Ebal und Garizim,
schlug Abraham seine Zelte auf. Es war ein schönes Land, das der
Patriarch betreten hatte, „ein Land, darin Bäche und Brunnen und
Seen sind, die an den Bergen und in den Auen fließen, ein Land,
darin Weizen, Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und Granatäpfel
wachsen, ein Land, darin es Ölbäume und Honig gibt“.
5.Mose
8,7.8
. Aber für die Anbeter Jahwes lastete ein dunkler Schatten auf
den bewaldeten Höhen und fruchtbaren Ebenen. „Es wohnten ... zu
der Zeit die Kanaaniter im Lande.“
1.Mose 12,6
. Abraham hatte
zwar das Ziel seiner Hoffnung erreicht, aber er fand ein Land vor,
das von einem fremden Stamm besetzt und voll Götzendienst war.
In den Hainen standen die Altäre der falschen Götter, und auf den
umliegenden Höhen wurden Menschenopfer dargebracht. Obwohl er
sich an die göttlichen Verheißungen klammerte, schlug er sein Zelt
nicht ohne düstere Ahnungen auf. „Da erschien der Herr dem Abram
und sprach: Deinen Nachkommen will ich dies Land geben.“ Diese
Zusicherung der göttlichen Gegenwart, daß er nicht der Willkür der
Gottlosen ausgeliefert sei, stärkte ihn. „Er baute dort einen Altar
dem Herrn, der ihm erschienen war.“
1.Mose 12,7
. Doch war er
noch immer ein Wanderer. Bald zog er in die Nähe von Bethel. Er
errichtete abermals einen Altar und rief den Namen des Herrn an.
Abraham, „ein Freund Gottes“ (
Jakobus 2,23
), gab uns ein wert-
volles Beispiel. Sein Leben war ein Leben des Gebets. Wo auch
immer er sein Zelt aufschlug, errichtete er dicht dabei einen Altar,
zu dem er alle Lagerbewohner zum Morgen- und Abendopfer rief.
Wurde das Zelt abgebrochen, blieb der Altar stehen. Im Lauf der
Jahre unterwies Abraham manche der umherziehenden Kanaaniter.
Und so oft einer von ihnen zu jenen Altären kam, wußte er, wer vor
ihm dort gewesen war. Hatte er sein Zelt aufgeschlagen, besserte er
den Altar aus und betete den lebendigen Gott an.
Abraham zog weiter nach Süden, und wieder wurde sein Glaube
auf die Probe gestellt. Der Himmel hielt den Regen zurück, die Bäche
in den Tälern trockneten aus, und in den Ebenen verdorrte das Gras.
Die Herden fanden keine Weide mehr, und der Hungertod bedrohte
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das ganze Lager. Zweifelte der Patriarch nun an der Führung Gottes?
Schaute er sehnsüchtig auf den Reichtum der chaldäischen Ebenen