Seite 22 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
Viele waren geneigt, diesen Rat zu beachten, ihre Unzufrieden-
heit zu bedauern und um die Gunst des Vaters und des Sohnes nach-
zusuchen. Aber Luzifer hatte schon eine andere Täuschung bereit.
Der mächtige Empörer behauptete jetzt, daß die Engel, die sich ihm
angeschlossen hatten, zu weit gegangen seien, als daß eine Umkehr
noch möglich wäre. Er kenne das göttliche Gesetz und wisse, Gott
werde ihnen nicht vergeben. Alle, die sich der Autorität des Himmels
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fügten, würden ihrer Ehre beraubt und aus ihrer Stellung entfernt. Er
selbst sei entschlossen, die Vormachtstellung Christi niemals wieder
anzuerkennen. Ihm und seinen Anhängern bliebe nur, ihre Freiheit
zu behaupten und die Rechte mit Gewalt zu gewinnen, die man ihnen
freiwillig nicht zugestand.
Für Satan traf es zu, daß er schon zu weit gegangen war, aber
nicht für jene, die durch seine Täuschungen verführt worden waren.
Sie durften aufgrund des Rates und der Bitten der treuen Engel noch
hoffen. Und hätten sie die Warnung beachtet, wären sie aus Satans
Schlinge entkommen. Aber Liebe zu ihm, Stolz und der Wunsch
nach unbegrenzter Freiheit gewannen die Oberhand. Sie wiesen die
Angebote der göttlichen Liebe und Gnade zurück.
Gott ließ Satan sein Werk fortführen, bis sich der Geist der Un-
zufriedenheit zu offener Empörung auswuchs. Diese Pläne mußten
sich vollentwickeln, damit alle deren wahre Natur und eigentlichen
Zweck sähen. Als Cherub war Luzifer hoch erhoben worden. Die
himmlischen Wesen liebten ihn, er hatte großen Einfluß auf sie.
Gottes Herrschaft umfaßte nicht nur die Bewohner des Himmels,
sondern die aller geschaffenen Welten. Luzifer folgerte, er werde sie
alle beherrschen, wenn er die Engel im Himmel mit in seine Empö-
rung hineinrisse. Schlau hatte er die ganze Angelegenheit in seiner
Sicht dargestellt, indem er sein Ziel mit Betrug und Spitzfindigkeit
zu erreichen suchte. Er verfügte über ein großes Täuschungsvermö-
gen. Unter dem Deckmantel der Lüge nutzte er seine Überlegenheit
aus. Alles, was er tat, war derart mit Geheimnis umgeben, daß es
für die Engel schwer war, das eigentliche Wesen seines Wirkens zu
durchschauen. Ehe es nicht voll ausgereift war, konnte Gott es nicht
als das Böse, das es war, in Erscheinung treten lassen. Man würde
Satans Unzufriedenheit gar nicht als Empörung verstehen. Sogar
die treuen Engel konnten seinen Charakter nicht recht durchschauen
und erkennen, wohin das alles führte.