Seite 622 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
zu verfolgen, und sehen in ihrer Abweichung vom Gebot Gottes
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kein Unrecht. So wehren sie sich gegen den Geist der Gnade, bis
sie seine Stimme nicht mehr wahrnehmen und ihren selbsterwählten
trügerischen Vorstellungen überlassen bleiben.
Mit Saul hatte Gott dem Volke Israel einen König nach ihrem
Herzen gegeben, wie Samuel sagte, als er in Gilgal Sauls Königtum
bestätigte: „Nun, da ist euer König, den ihr erwählt und erbeten
habt.“
1.Samuel 12,13
. Ansehnlich und gut gewachsen, wie er war,
stimmten das fürstliche Auftreten und seine Erscheinung ganz mit
ihren Vorstellungen von königlicher Würde überein. Dazu kam die
persönliche Tapferkeit und Befähigung zum Heerführer; alles Eigen-
schaften, die ihnen sehr geeignet schienen, Achtung und Ansehen
bei andern Völkern zu erwerben. Es kümmerte sie wenig, ob ihr Kö-
nig jene höheren Werte aufwies, die allein dazu befähigen, gerecht
und unparteiisch zu regieren. Sie verlangten nach keinem wahrhaft
edlen Charakter, der Gott liebte und fürchtete. Fragten sie denn Gott
um Rat, welche Eigenschaften ein Herrscher haben müsse, der ihr
besonderes, heiliges Gepräge als ein auserwähltes Volk wahrte? Sie
suchten nicht Gottes, sondern ihren Weg; deshalb gab Gott ihnen
einen König, wie sie ihn sich wünschten, dessen Wesen ihr eigenes
widerspiegelte. Sie waren Gott nicht gehorsam, ebensowenig beugte
sich ihr König der göttlichen Gnade. Unter der Herrschaft eines sol-
chen Mannes würden sie die notwendigen Erfahrungen machen, daß
sie ihren Fehler einsähen und zur Treue gegen Gott zurückkehrten.
Und doch überließ der Herr Saul nicht sich selbst, nachdem er
ihm die Verantwortung des Königtums auferlegt hatte. Der Heilige
Geist ruhte auf ihm, damit er seine eigene Schwachheit und die
Notwendigkeit göttlichen Beistandes erkannte. Hätte sich Saul auf
ihn verlassen, wäre Gott mit ihm gewesen. Solange er der Führung
des Heiligen Geistes Raum gab, konnte Gott seine Bemühungen
mit Erfolg krönen. Aber als Saul es vorzog, selbständig, ohne Gott
zu handeln, konnte der Herr nicht länger mit ihm sein; er mußte
ihn absetzen. Dann berief er „einen Mann nach seinem Herzen“
(
1.Samuel 13,14
) auf den Thron, keinen charakterlich Fehlerlosen,
aber einen, der nicht auf sich, sondern auf Gott vertraute, der sich der
Führung des Geistes Gottes überließ und sich zurechtweisen ließ,
wenn er gesündigt hatte.
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