Seite 629 - Patriarchen und Propheten (1999)

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David und Goliath
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Isai es wußte, war der junge Hirt mit einer weit größeren Aufgabe
betraut worden. Israels Kämpfer waren in Gefahr, und ein Engel
hatte David befohlen, sein Volk zu retten.
Als David in die Nähe des Lagers kam, hörte er Tumult, als ob
ein Gefecht bevorstünde. „Das Heer ... war ausgezogen und hatte
sich aufgestellt zum Kampf, und sie erhoben das Kriegsgeschrei.“
1.Samuel 17,20
. Die Israeliten und Philister standen sich in Schlacht-
ordnung gegenüber. David lief zu den Soldaten und begrüßte seine
Brüder. Während er noch mit ihnen sprach, trat Goliath, der Held
der Philister, hervor. Er verspottete Israel mit beleidigenden Worten
und forderte sie wiederholt auf, einen Mann aus ihren Reihen zum
Zweikampf zu stellen. David sah, wie sehr sich alle davor fürch-
teten. Als er gar erfuhr, daß der Hohn des Philisters ihnen Tag für
Tag entgegenschlug, ohne daß sich auch nur ein Kämpfer fand, der
den Prahler zum Schweigen brachte, geriet sein Blut in Wallung. Er
brannte vor Eifer, die Ehre des lebendigen Gottes und den guten Ruf
seines Volkes zu retten.
Die Israeliten waren niedergedrückt. Ihr Mut sank immer mehr.
Man hörte sie untereinander reden: „Habt ihr den Mann heraufkom-
men sehen? Er kommt herauf, um Israel hohnzusprechen.“ Schamrot
vor Erregung rief David: „Wer ist dieser unbeschnittene Philister,
der das Heer des lebendigen Gottes verhöhnt?“
1.Samuel 17,25.26
.
Als Davids ältester Bruder Eliab das hörte, konnte er sich gut
in die Gefühle des jungen Mannes versetzen. David hatte schon
als Hirt Mut und Kühnheit bewiesen, wie man sie nur selten sah.
Der geheimnisvolle Besuch Samuels im Hause ihres Vaters und
sein stillschweigender Aufbruch hatten bei den Brüdern schon da-
mals Argwohn über dessen wirkliche Absichten geweckt. Als sie
gar sehen mußten, wie David vor ihnen ausgezeichnet wurde, regte
sich ihre Eifersucht, und sie behandelten ihn in mancher Beziehung
nicht so freundlich, wie seine Lauterkeit und brüderliche Liebe es
verdienten. In ihren Augen war er ein Grünschnabel, dessen bloße
Frage Eliab wie Kritik an seiner eigenen Feigheit vorkam, weil er
nicht einmal den Versuch machte, den Philisterriesen zum Schwei-
gen zu bringen. Ärgerlich rief der ältere Bruder: „Warum bist du
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hergekommen? Und wem hast du die wenigen Schafe dort in der
Wüste überlassen? Ich kenne deine Vermessenheit wohl und deines
Herzens Bosheit. Du bist nur hergekommen, um dem Kampf zu-