Seite 672 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
Nach einem Marsch von drei Tagen erreichte er mit seinen sechs-
hundert Männern Ziklag, ihre derzeitige Heimat in Philistäa. Aber
welch trostloses Bild bot sich ihren Blicken! Die Amalekiter hatten
Davids Abwesenheit dazu genutzt, sich für seine Überfälle auf ihr
Gebiet zu rächen. Sie hatten die völlig überraschte, ungeschützte
Stadt geplündert und eingeäschert und alle Frauen und Kinder als
Gefangene mitgenommen, dazu reiche Beute.
Stumm vor Entsetzen und Bestürzung starrten die Männer auf
die geschwärzten, rauchenden Trümmer. Als sie die schreckliche
Verwüstung in ihrem ganzen Umfang erfaßten, erhoben diese kampf-
gewohnten rauhen Krieger „ihre Stimme und weinten, bis sie nicht
mehr weinen konnten“.
1.Samuel 30,1-4
.
Wieder einmal wurde David wegen seines Kleinglaubens ge-
straft, der ihn dazu geführt hatte, sich unter den Philistern niederzu-
lassen. Nun erlebte er es ja, wie sicher man bei den Feinden Gottes
und des Volkes Gottes war. Obendrein machten ihn seine Begleiter
für das Unglück verantwortlich, hatte er doch durch seinen Angriff
auf die Amalekiter deren Rachsucht geradezu herausgefordert. Ja, er
hatte sich inmitten seiner Feinde so sicher gewähnt, daß er die Stadt
unbewacht gelassen hatte. Rasend vor Schmerz und Wut waren sei-
ne Krieger jetzt zu jeder Verzweiflungstat bereit, sie drohten sogar,
ihren Anführer zu steinigen.
David schien jedes menschlichen Rückhaltes beraubt zu sein.
Alles, was ihm auf Erden lieb war, hatte er verloren. Saul hatte ihn
aus der Heimat vertrieben; die Philister hatten ihn gezwungen, das
Feldlager zu verlassen; die Amalekiter hatten inzwischen die Stadt
geplündert; seine Frauen und Kinder waren gefangen, und die ver-
trauten Kameraden rotteten sich gegen ihn zusammen und drohten
ihm sogar mit dem Tod. In dieser Stunde äußerster Not hing Da-
vid nicht lange seinen Gedanken über die schmerzlichen Umstände
nach, sondern bat Gott ernstlich um Hilfe. Er „stärkte sich in dem
Herrn“.
1.Samuel 30,6
. Er hielt Rückblick auf sein vergangenes,
bewegtes Leben. Hatte der Herr ihn je verlassen? Und er gewann
neue Kraft, als er sich die vielen Beweise der göttlichen Gnade ins
Gedächtnis rief. Davids Kampfgefährten dagegen machten ihr Elend
durch ihre Unzufriedenheit und Ungeduld doppelt schwer. Aber
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der Mann Gottes, der noch mehr Grund zum Kummer hatte, hielt
sich tapfer aufrecht. „Wenn ich mich fürchte, so hoffe ich auf dich“