Seite 696 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
lässigkeit in der Treue und im Vertrauen zu Gott sowie Verlangen,
am Treiben und an den Gewohnheiten der Welt teilzuhaben.
Noch vor der Beendigung des Krieges gegen die Ammoniter
überließ David die Führung des Heeres Joab und kehrte nach Jerusa-
lem zurück. Die Syrer hatten sich den Israeliten bereits unterworfen,
die vollständige Niederlage der Ammoniter stand bevor. David konn-
te die Früchte seiner Siege und Ehrungen für seine kluge, vortreff-
liche Regierung einheimsen. Nun endlich konnte er behaglich und
sorgenfrei leben. Doch da kam für den Versucher die Gelegenheit,
sich seiner Gedankenwelt zu bemächtigen. Davids enge Verbindung
zu Gott und die vielen Gnadenerweise hätten allein die Triebfeder zu
makellosem Verhalten sein müssen. Aber er war selbstsicher gewor-
den und verlor dadurch seinen Halt an Gott. Er gab Satan nach und
wurde schuldig. Als der von Gott bestimmte Führer des Volkes war
er dazu erwählt, Jahwes Gesetz zu handhaben; stattdessen trat er es
nun selbst mit Füßen. Anstatt Übeltätern mit Härte entgegenzutreten,
bestärkte er sie jetzt noch durch sein eigenes Verhalten.
In den Gefahren der Jugendzeit konnte David im Bewußtsein
seiner Unschuld alles Gott überlassen. Die Hand des Herrn hatte
ihn vor zahllosen Fallstricken bewahrt, die man ihm legte. Aber
jetzt, schuldbeladen und doch unbußfertig, erbat er keine Hilfe und
Weisung von oben. Er versuchte vielmehr, sich selbst aus der Gefahr
herauszuwinden, in die ihn die Sünde verstrickt hatte. Bathseba,
deren Schönheit dem König zum Fallstrick wurde, war die Frau des
Hethiters Uria, eines der tapfersten und treuesten Offiziere Davids.
Falls der Frevel bekannt würde, wären die Folgen nicht abzusehen.
Gottes Gesetz sprach über den Ehebrecher das Todesurteil. Und der
so schmählich beleidigte, selbstbewußte Krieger könnte sich dadurch
rächen, daß er den König umbrachte oder einen Aufstand anzettelte.
Alle Mühe Davids, seine Schuld zu verheimlichen, war vergeb-
lich. Er selbst hatte sich dem Bösen ausgeliefert. Gefahr umlauerte
ihn, und Schande, bitterer als der Tod, stand ihm bevor. David sah
nur eine Möglichkeit, dem zu entgehen; und in seiner Verzweiflung
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fügte er überstürzt dem Ehebruch noch einen Mord hinzu. Der Böse
hatte Saul vernichtet, nun wollte er David ins Verderben stürzen.
Wohl waren ihre Anfechtungen unterschiedlicher Art, aber sie führ-
ten in gleicher Weise zur Übertretung des göttlichen Gesetzes. David
meinte, daß man ihm in der Heimat keine Schuld anlasten konnte,