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Auf den Spuren des großen Arztes
Dichtungen gehobener Art
Es gibt Dichtungen, die zu dem Zweck geschrieben wurden, eine
Wahrheit zu verdeutlichen oder irgendein großes Übel anzuprangern.
Einige dieser Werke haben Gutes bewirkt. Andere jedoch haben
unsäglichen Schaden angerichtet. Sie enthalten Feststellungen und
sorgfältig ausgearbeitete Wortgemälde, die die Phantasie erregen und
den Fluß der Gedanken in eine Richtung lenken, die — besonders
für die Jugend — voller Gefahren ist. Die geschilderten Szenen
werden immer und immer wieder gedanklich nacherlebt.
Eine solche Lektüre behindert den sinnvollen Einsatz geistiger
Fähigkeiten und disqualifiziert uns für geistliche Tätigkeiten. Sie
zerstört das Interesse an der Bibel. Himmlische Dinge finden in
den Gedanken nur noch wenig Raum. Indem sich der Geist mit den
dargestellten unreinen Szenen beschäftigt, wird die Leidenschaft
entfacht, was mit Sünde endet.
Selbst Dichtung, die keine Anregung zur Unreinheit enthält und
hervorragende Grundsätze vermitteln mag, ist schädlich. Sie begün-
stigt die Gewohnheit schnellen und oberflächlichen Lesens, nur um
den Fortgang der Geschichte zu erfahren. Das mindert die Kraft des
zusammenhängenden und intensiven Denkens; der Leser hat wenig
Neigung, die großen Probleme der Pflicht und der Bestimmung zu
durchdenken.
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Solcherart Lektüre erzeugt, indem sie die Liebe zum bloßen Ver-
gnügen fördert, einen Widerwillen gegen die praktischen Pflichten
des Lebens. Durch ihren erregenden, vergiftenden Einfluß stellt sie
nicht selten eine Ursache für geistige und körperliche Erkrankungen
dar. Manche verelendete, vernachlässigte Heime, viele lebenslang
Kranke, ja sogar Patienten in Psychiatrieanstalten verdanken ihren
Zustand der Gewohnheit des Romanlesens.
Oft wird vorgeschlagen, daß wir der Jugend, um sie vor reiße-
rischer oder wertloser Literatur zu bewahren, eine bessere Art von
Dichtung anbieten sollten. Dies ähnelt dem Versuch, einen Trinker
dadurch zu heilen, daß man ihm statt Whisky oder Branntwein die
leichteren Rauschmittel wie Wein, Bier oder Most vorsetzt. Deren
Konsum würde fortwährend das Verlangen nach stärkeren Stimu-
lantien fördern. Die einzige Sicherheit für den Trinker wie für den
Mäßigen besteht in völliger Abstinenz. Für den Liebhaber von Dich-