Seite 195 - Das Wirken der Apostel (1976)

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Korinth
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Jesus, den Paulus den Griechen in Korinth als den Christus ver-
kündigte, war als Jude einfacher Herkunft in einer Stadt herange-
wachsen, deren Gottlosigkeit sprichwörtlich geworden war. Er war
von seinem eigenen Volk verworfen und schließlich als Übeltäter ans
Kreuz geschlagen worden. Die Griechen hielten es für notwendig,
die Menschheit auf eine höhere Stufe zu bringen; sie meinten aber,
das Studium der Philosophie und der Wissenschaften sei das einzige
Mittel zu wahrem Fortschritt und zu wahrer Ehre. Konnte Paulus sie
davon überzeugen, daß der Glaube an die Macht dieses unbekannten
Juden ihre Fähigkeiten fördern und veredeln würde?
Heute ist für viele das Kreuz von Golgatha von biblischen Erin-
nerungen umgeben. Sie stellen weihevolle Gedankenverbindungen
zu dem Geschehen der Kreuzigung her. Zur Zeit des Apostels Paulus
aber wurde das Kreuz mit Abscheu und Entsetzen betrachtet. Jeman-
den zum Heiland der Menschheit zu erklären, der den Kreuzestod
erlitten hatte, mußte natürlich Spott und Widerspruch hervorrufen.
Paulus wußte genau, wie sich sowohl die Juden als auch die Grie-
chen Korinths zu seiner Botschaft stellen würden. Trotzdem sagte er:
[245]
„Wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärger-
nis und den Griechen eine Torheit.“
1.Korinther 1,23
. Unter seinen
jüdischen Zuhörern gab es viele, die sich über die Botschaft, die er
verkündigen wollte, ärgern würden. Nach Meinung der Griechen
würden seine Worte völlig unsinnig sein. Es war zu erwarten, daß er
für schwachsinnig angesehen würde, sobald er zu zeigen versuchte,
daß das Kreuz in enger Beziehung zum Aufstieg der Menschheit
und zur Erlösung der Menschen stehe.
Für Paulus dagegen bildete das Kreuz den Mittelpunkt all seines
Denkens. Seitdem seiner Laufbahn als Verfolger der Anhänger des
gekreuzigten Nazareners Einhalt geboten worden war, hatte er nie
aufgehört, sich des Kreuzes zu rühmen. Damals war ihm Gottes
unendliche Liebe offenbart worden, die sich in Christi Tod erwiesen
hat. Dies hatte eine wunderbare Umwandlung in seinem Leben
bewirkt, die all seine Pläne und Absichten in Übereinstimmung
mit dem Himmel brachte. Von Stund an war er ein neuer Mensch
in Christus Jesus. Aus eigener Erfahrung wußte er nun, daß jeder
Sünder solch eine Veränderung seines Herzens erfährt, sobald er
der Liebe des Vaters innewird, die sich im Opfer seines Sohnes
offenbart, und sobald er sich dem göttlichen Einfluß hingibt. Fortan