Seite 123 - Der gro

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Hus und Hieronymus
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jedoch wenig gewonnen. Zwanzig Jahre lang war sein Leben mit
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Arbeit und Gefahren angefüllt gewesen; seine Heere waren aufge-
rieben und seine Schätze durch einen langen und fruchtlosen Kampf
erschöpft; und nun, nachdem er ein Jahr regiert hatte, starb er und
ließ sein Reich am Rande eines Bürgerkrieges, der Nachwelt aber
einen schmachbedeckten Namen zurück.
Aufruhr, Streit und Blutvergießen folgten einander; fremde Hee-
re drangen wiederum in Böhmen ein, und innere Zwietracht zerrüt-
tete weiterhin das Volk. Die dem Evangelium treu blieben, waren
einer blutigen Verfolgung ausgesetzt.
Während ihre früheren Brüder einen Vertrag mit Rom schlos-
sen und dessen Irrtümer annahmen, bildeten die, welche zum alten
Glauben hielten, unter dem Namen „Vereinte Brüder“ eine getrennte
Gemeinde. Dieser Schritt zog ihnen die Verwünschung aller Klassen
zu. Dennoch blieb ihre Festigkeit unerschüttert. Gezwungen, in den
Wäldern und Höhlen Zuflucht zu suchen, versammelten sie sich
auch dann noch in ihren Zufluchtsstätten, um Gottes Wort zu lesen
und ihn gemeinsam anzubeten.
Durch Boten, die sie heimlich in verschiedene Länder aussand-
ten, erfuhren sie, daß hier und da „vereinzelte Bekenner der Wahrheit
lebten, etliche in dieser, etliche in jener Stadt, die wie sie verfolgt
wurden, und daß es in den Alpen eine alte Gemeinde gebe, die auf
der Grundlage der Schrift stehe und gegen die abgöttischen Ver-
derbnisse Roms Einspruch erhebe“
Diese Kunde wurde mit großer
Freude begrüßt und ein schriftlicher Verkehr mit den Waldensern,
um die es sich hierbei handelte, aufgenommen.
Dem Evangelium treu, harrten die Böhmen die lange Nacht
ihrer Verfolgung hindurch aus, selbst in der dunkelsten Stunde ihre
Augen dem Horizont zugewandt, wie Menschen, die auf den Morgen
warten. „Ihr Los fiel in böse Tage; aber sie erinnerten sich der Worte,
die Hus ausgesprochen und Hieronymus wiederholt hatte, daß ein
Jahrhundert verstreichen müsse, ehe der Tag hereinbrechen könne.
Diese Worte waren für die Taboriten (Hussiten) das, was Josephs
Worte den Stämmen im Hause der Knechtschaft waren: ‚Ich sterbe,
und Gott wird euch heimsuchen und aus diesem Lande führen.‘
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Wylie, ebd., 3.Buch, Kapitel 19
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Wylie, ebd.