Seite 246 - Der gro

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Der große Kampf
meidlich nach sich ziehen mußte, und widersetzte sich heftig den
irrigen Lehren und wilden Hirngespinsten dieser Schwärmer. Es gab
viele durch die Schwärmer irregeleitete Menschen, die später deren
verführerischen Lehren entsagten; auch waren noch viele Nach-
kommen der alten Christen, die Früchte der waldensischen Lehren,
übriggeblieben. Unter diesen Klassen arbeitete Menno mit großem
Eifer und Erfolg.
Fünfundzwanzig Jahre reiste er mit seiner Frau und seinen Kin-
dern umher, erduldete große Mühsale und Entbehrungen und war oft
in Lebensgefahr. Er durchreiste die Niederlande und das nördliche
Deutschland, arbeitete hauptsächlich unter den niedrigeren Klassen,
übte jedoch einen weitreichenden Einfluß aus. Von Natur beredt,
wenn auch von begrenzter Bildung, war er ein Mann von unerschüt-
terlicher Rechtschaffenheit, demütigem Geist, freundlichem Wesen
und von aufrichtiger und ernster Frömmigkeit, der die Grundsät-
ze, die er lehrte, in seinem eigenen Leben bekundete und sich das
Vertrauen des Volkes erwarb. Seine Nachfolger wurden zerstreut
und unterdrückt. Sie litten viel, weil sie mit den Schwärmern aus
Münster verwechselt wurden. Durch sein Wirken bekehrten sich
viele Seelen zur Wahrheit.
Nirgends faßten die reformierten Lehren auf breiterem Boden
Fuß als in den Niederlanden. In wenigen Ländern erduldeten ihre
Anhänger aber auch eine schrecklichere Verfolgung. In Deutschland
hatte Karl V. die Reformation geächtet und hätte gern alle ihre An-
hänger auf den Scheiterhaufen gebracht; aber die Fürsten stellten
sich gegen seine Willkür. In den Niederlanden war seine Macht
größer, und in kurzen Abständen kam ein Verfolgungsbefehl nach
dem andern. Die Bibel zu lesen, sie zu predigen oder zu hören oder
auch nur von ihr zu reden, wurde als ein Verbrechen angesehen, das
mit dem Tod auf dem Scheiterhaufen bestraft werden sollte. Die ge-
heime Anrufung Gottes, die Weigerung, vor einem Heiligenbild die
Knie zu beugen, oder das Singen eines Psalm wurde gleichfalls mit
dem Tode bestraft. Selbst die ihrem Glauben abschworen, wurden
verurteilt: Die Männer starben durch das Schwert; die Frauen begrub
man lebendigen Leibes. Tausende kamen unter der Regierung Karls
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V. und Philipps II. ums Leben.
Einmal wurde eine ganze Familie vor die Inquisitionsrichter ge-
bracht und angeklagt, von der Messe weggeblieben zu sein und zu