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Bestrebungen des Papsttums
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Anm. 053
wie kann es sich dann von den Grundsätzen lossagen,
die in vergangenen Zeiten sein Verhalten bestimmten?
Die päpstliche Kirche wird ihren Anspruch auf Unfehlbarkeit nie
aufgeben. Sie besteht darauf, in allem, was sie bei den Verfolgungen
derer, die ihre Glaubenssätze verwarfen, getan hat, recht gehandelt
zu haben; und würde sie nicht die gleichen Taten wiederholen, falls
sich Gelegenheit dazu bieten sollte? Beseitigte man die jetzt von
weltlichen Mächten auferlegten Schranken und setzte man Rom wie-
der in seine frühere Machtstellung ein, dann würde sich sofort eine
Wiederbelebung seiner Gewaltherrschaft und Verfolgung zeigen.
Ein bekannter Geschichtsschreiber äußert sich über die Haltung
der päpstlichen Priesterherrschaft zu der Gewissensfreiheit und den
Gefahren, die ganz besonders den Vereinigten Staaten drohen, wenn
sie ihre Pläne durchsetzen kann:
„Es gibt viele, die geneigt sind, irgendwelche Furcht vor dem
römischen Katholizismus in den Vereinigten Staaten als engherzig
oder kindisch hinzustellen. Sie sehen eben in dem Charakter und
der Stellung der römisch-katholischen Erscheinungswelt nichts, was
unseren freien Einrichtungen gegenüber feindlich ist, oder finden
nichts Unheilverkündendes in ihrem Wachstum. Wir wollen deshalb
zuerst etliche der Grundregeln unserer Regierung mit denen der
katholischen Kirche vergleichen.
Die Verfassung der Vereinigten Staaten sichert Gewissensfreiheit
zu. Nichts ist teurer oder wesentlicher. Papst Pius IX. sagte in seiner
Enzyklika vom 15. August 1854: ‚Die abgeschmackten und irrigen
Lehren oder Faseleien zur Verteidigung der Gewissensfreiheit sind
ein außerordentlich verderblicher Irrtum — eine Pest, die vor allem
andern in einem Staat am meisten zu fürchten ist.‘ Derselbe Papst
spricht in seiner Enzyklika vom 8. Dezember 1864 den Bannfluch
aus über ‚diejenigen, die die Freiheit des Gewissens und des Glau-
bens behaupten‘, wie auch über ‚alle solche, die darauf bestehen,
daß die Kirche nicht Gewalt üben dürfe‘.
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Der friedfertige Ton Roms in den Vereinigten Staaten schließt
keineswegs eine Sinnesänderung in sich. Es ist duldsam, wo es ohne
Hilfe ist. Bischof O‘Connor sagte: Die Religionsfreiheit wird nur
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Mosheim, „Institutiones historiae ecclesiasticae“, 3. Buch, 11. Jhdt., 2.Abschnitt,
Sek. 9, Anm.: Dictates Hildebrandi